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550 Psychische Studien. L. Jahrgang. 12. Heft (Dezember 1923.)
kann nicht etwa in ihrer Würde und Beweiskraft durch
das zeitliche Hellsehen Einbuße erleiden. Jene befaßt sich
tnit den Schicksalen des Reiches Gottes und wird nur ausgesprochen
von moralisch ganz hochstehenden Persönlichkeiten
, während letzteres auf Familienschicksale in kleinem
Kreise sich beschränkt und eine Naturgabe ist, die von der
(moralischen Würdigkeit unabhängig ist Im übrigen gilt
auch hier, sind die mediumistischen Tatsachen erwiesen,
dani>~ müssen sie als solche anerkannt werden, gleichviel
wie man sie erklärt.
Aufgabe des katholischen Forschers ist es, statt zu schimpfen
oder zu höhnen oder zu jammern, sich an dieser Forschung
zu beteiligen und wenn positive Resultate gewonnen
sind, sie der katholischen Weltanschauung einzuimpfen, wie
dies z. B. vom protestantischen Standpunkt ans die Erlanger
Theologen Dr. Bachmann und Dr. Grützmacher in anerkennenswerter
Weise getan haben. Die Meinung, Rom habe
den wissenschaftlichen Okkultismus verurteilt, ist durchaus
irrig. Rom verurteilt keine ehrliche wissenschaftliche Forschung
, am allerwenigsten eine solche, die geeignet ist,
neue Beweise für die Eigenart des Seelischen und, wie
zu hoffen steht, auch für das Fortleben nach dem Tode
zu erbringen. Auf letzterer Voraussetzimg beruht ja jede
positive Religion. Rom hat nur den Offenbarungsspiritismus
samt Anthroposophie und Theosophie verurteilt, und zwar meiner
Ueberzeugung nach mit vollem Recht.
Die psychische Photographie.
Von Josef Peter, General a. D.
Seitdem die Versuche bekannt wurden, die die englische
Gesellschaft für Psychische Photographie, der sog. „Crew-
Zirkel", mit den Medien Mr. Hope, Bouxton und
Mrs. D e a n e unternahm, ist das Problem der sogenannten
Geisterphotographie wieder vielseitig besprochen worden.
Die Sache an sich ist nicht neu: Schon vpr einigen dreißig
Jahren sind in Amerika Personen aufgetreten, die behaupteten
, die mediale Eigenschaft zu besitzen, auf photographischen
Platten Bilder von Verstorbenen zu erhalten, und zwar
durch einfaches Auflegen der Hände auf die Platten oder mittels
des gewöhnlichen photographischen Aufnahmeverfahrens.
In letzterem Falle erschienen die „Extras" — so nannte
man die Spiritphotographien — neben dem Bild der Person,
die Photographien wurde. Manche dieser Medien wurden
als Betrüger entlarvt, aber es sind auch Fälle bekannt,
in denen ein Betrug wenigstens nicht nachgewiesen werden
konnte, ja, es liegen Fälle vor, in denen man mit aller Wahrscheinlichkeit
das Phänomen als echt ansehen kann. Der
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