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Kröner: lieber medizinisches Fernfühlen. 569
Haut. Das kann« nicht gut geraten sein. Und nun, nachdem die richtige
Spur gefunden ist, erfolgt eine ziemlich zutreffende Schilderung des
Charakters der Erkrankung (Knüppel, Kratzen, Absonderung einer wässerigen
Flüssigkeit). Ich betrachte den Versuch von meiner Konzen-
trationsfrage ab gerechnet als positiv.
Fall 4.
Dr. Brustmann hat durch zahlreiche eingestreute BeifalMußerungert
der Versuchsperson, die von den vorhergehenden Experimenten sehr
ermüdet war, ihre Aufgabe erleichtert, allerdings auf Kosten der
Exaktheit. Doch selbst, wenn man in der Einräumung, suggestiver Möglichkeiten
bis an die äußerste Grenzen geht, bleiben soviel charakteristische
Einzelheiten übrig, ist das ganze Bild so scharf erfaßt, daß
der supranormale Zusammenhang außer Frage steht. So wird die Haltung
der Patientin charakteristisch wiedergegeben, die Wunde oberhalb
des linken Knöchels wird spontan lokalisiert, das Jucken markiert, ohne
daß die Möglichkeit des Erratens gegeben wäre. Die Verlegung der
Krankheitsursache ans untere Ende des Rückenmarks — vielleicht begriffstelepathisch
übertragen — erfolgt gleichfalls unbeeinflußt, zumat
hier andere Lokal* sationen sehr viel nähergelegen hätten. Trotz der zugegebenen
Schönheitsfehler der Versuchstechnik ist dieser Versuch als
positiv zu werten.
Fall 5.
Der Versuch steht im Zeichen der Erschöpfung der Versuchsperson.
Spontan richtig angegeben m bezug auf Lokalisation und Charakter
werden die kolikartigen Erscheinungen im Leib. Die Schweißkrisen
werden erst auf Grund verschiedener Suggestivfragen, dann allerdings
sehr prägnant und spontan beschrieben (das Leintuch ist vollständig
naß, Dauer des Anfalles zirka 20 Min.; der darauffolgende todähnlidie
Schlaf bis zu 48 Stunden Dauer). Auf die Frage nach der Therapie
wird erst richtig geantwortet: „Injektionen," dann ebenfalls richtig: „ein
Schnitt an einer Markstelle". Hier handelt es sich zweifellos um die
unklare Wiedergabe eines visuellen Eindrucks. Das adenoide Gewebe
sieht ja in der Tat markähnlich aus. Der Begriff der Drüse sowie die
Halslokalisation jedoch sind sicherlich suggestiv erpreßt. Der Versuch
ist nach denselben Gesichtspunkten zu werten wie der vorhergehende.
Wir schließen die Artikelserie mit der letzten Nummer des alten
Jahrgangs ab, um Platz für andere experimentelle Arbeiten frei zu
machen. Ursprünglich war — wie erinnerlich — nur eine kürzere
Veröffentlichung in den Studien geplant, das gesamte Material sollte
in Buchform erscheinen. Pie rapide Verschlechterung der wirtschaftlichen
Lage zwang dann Herausgeber und Verlag, den Gedanken
dieser Zweiteilung aufzugeben) und die Arbeit im ganzen (d. h. in
bezug auf die Dokumente vollständig, textlich dagegen möglichst
knapp gefaßt) in den Studien erscheinen zu lassen, um auf diese Weise
den Satz für die Broschüre, wenigstens größtenteils, zu gewinnen.
Der Rest der Arbeit, die Protokolle der letzten drei Sitzungen sowie
ein Nachwort, die wir aus Raummangel unterdrücken müssen, werden
selbstverständlich in der demnächst erscheinenden Buchveröffentlichung
mitenthalten sein.
Wenn es nun auch leider nicht möglich war, die Publikation in
diesem Jahrgang zum Abschluß zu bringen, ohne unbescheiden viel
des kostbaren Raumes in Anspruch zu nehmen, hoffen wir doch, daß
die vorliegenden Teile unserer Arbeit zur Urteilsbildung genügen werden
, und glauben, daß das in Frage stehende Phänomen interessant
genug ist, um seine Niederlegung in dokumentarischer — nicht in
Referatform — an dieser Stelle zu rechtfertigen. Der Herausgeber.
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