http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1923/0602
Träume. Und wer in das Wesen der Genialität tiefer eindringt
, wird solchen Ausspruch nicht allzu paradox finden.
Während des Mittelalters ist der Flugtraum unzählige
Male künstlich herbeigeführt worden, nämlich von den sogen.
Hexen. „Die Hexen'\ sagt Kurella, „salbten sich mit einer
sehr reellen, zunächst aus Bilsenkraut gemachten Salbe
ein. die eine der Bedingungen schafft, unter denen man jederzeit
einen Flugtraum herbeiführen kann. Nämlich die Empfindungslosigkeit
der gesalbten Hautstellen. Man empfindet
dann das Aufliegen des Rückens und der Glieder auf den
Bettüchern nicht, so daß man schon im Wachen die Empfindung
hat, zu schweben. Das ins Blut aufgenommene
Alkaloid des Bilsenkrautes schläfert aber auch ein und führt
zugleich noch zu besonders phantastischen Träumen —
sie sind phantastischer als die durch Alkohol, Aether, Chloroform
oder Opiate hervorgerufenen Traumgebilde oder
Schwebeträume — und diese Träume stehen unter der Leitung
des dominierenden Schwebegefühls, so daß ein sehr
deutlicher Flugtraum stets zu den Bildern hinzukommen
muß, zu denen die mit Hexensalbe behandelte
Person ohnehin kommen würde." —
Die Erwähnung jener Unglückseligen, die im letzten
Grunde doch nur einer Selbsttäuschung zum Opfer fielen,
leitet uns zu einer hier naheliegenden Betrachtung über.
Die oben erwähnte Tatsache, daß im Traum die ins
Unbewußte verdrängten Triebe und Neigungen zur uneingeschränkter
Entfaltung gelangen, hat auch noch eine besondere
, für den Okkultismus wichtige Seite. Bei den
Antworten der klopfenden Tische, beim automatischen
Schreiben, beim Trancereden, kurz, überall da, wo es sich
um Tätigkeiten in einem schlaf artigen, traumhaften Zustand
handelt, treten fast beständig Aeußerungen auf, die das
Medium, welches dabeiv eine Rolle spielt, weit ab von sich
weist. Von denen es erklärt und von denen die ganze Umgebung
erklärt, daß sie schnurstraks den Anschauungen und
Gefühlen des Mediums widersprächen, mithin nicht von
ihm ausgegangen sein könnten. So verfällt man alsdann
logischerweise auf die Annahme einer Einwirkung von
außen, auf die Geisterhypothese. Praktisch ist dieser Umstand
eine der festesten Stützen des Spiritismus und doch
ein Trugschluß. Wer einen tieferen Blick in die Weit
der Träume getan, sieht auch hier klar und entgeht der
Gefahr einer Täuschung, die allerdings für den Ahnungslosen
überaus naheliegt. —
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