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s' Liachtl.*)
Eine Ar-menseelengeschichte aus dem Bayrischen Walde.
Alles, was einigermaßen „gebildet" sein will, glaubt heutzutage
nimmer an das Hereinragen einer höheren Welt in unsere irdischen
Verhältnisse und erklärt alle die Geschichten, welche Derartiges
beweisen sollen, einfach als Schwindel oder wenigstens
als Selbsttäuschung, Demgegenüber will ich im nachstehenden
eine Geschichte erzählen, die nicht etwa angeblich vor 100 Jahren,
sondern im Jahre 1880, und nicht in einem weltfernen, fremden
Lande, sondern in unserem Vaterlande, im Bayrischen Walde,
in der Gegend von Grafenau mir selbst passiert ist, der ich für
die Wahrheit derselben mit meirnem Namen und mit meiner
priesterlichen Ehre einstehe. Die Geschichte ist folgende:
Ich war als junger Geistlicher eben nach eine? alten Hofmark
H. versetzt worden, um daselbst eine neue Seelsorgstelle
zu gründjen. Natürlich mußte ich Kirche und Pfarrhaus auch
erst neu bauen. Da saß ich an einem Novemberabend in Gesellschaft
von Ortsbürgern gemütlich im Gasthause, als die Rede
darauf kam, daß «hier alle Jahre im November südlich außerhalb
der Hofmark, dem Dorfe F zu, abends ein Lichtlein erschein»
und in dem Tale zwischen H. und F. auf« und abziehe. Natürlich
erweckte dies meine höchste Neugierde und ich äußerte: es
würde mich sehr interessieren, dies Lichtlein einmal zu sehen.
Der Wirt meinte: vielleicht sei es draußen, dann könne mein
Wunsch sofort erfüllt werden. *Er ging hinaus und kam nach
einer Minute wieder herein mit der Meldung: das Lichtlein sei
draußen. Natürlich lief ich sofort hinaus, um Augenschein zu
nehmen, und eah da in) einer Entfernung von anscheinend etwa
300 Schritten im freien Felde, da wo das Terrain von H. nach F.
stark abfällt und wo wir eben den neuen Gottesacker angelegt
hatten, hoch über dem Erdboden ein etwa faustgroßes, stark
leuchtendes Lieht, «das sich langsam von Ost nach West bewegte,
um, wie man mir sagte, später wieder nach Osten zurückzukehren
und iim Tale zu verschwinden.
Ein Moorlicht konnte dies demnach nicht sein, sonst wäre es
nicht so hoch über dem Boden geschwebt, der zudem nicht sumpfig
ist. Darum kam mir die Sache seltsam vor und ich fragte nun
erst diesem seltsamen Lichte nach, wobei ich folgendes erfuhr:
Schon seit etwa 50 Jahren — also etwa seit dem Jahre 1830
— erscheine alle Jahre regelmäßig und pünktlich um Allerseelen
*) Gelegentlich meines am 7. Juni 1922 zu Altötting gehaltenen Vortrags
über wissenschaftlichen Okkultismus machte mir der ehemalige Rtadt-
pfarrer von Neuötting. Herr geistlicher Rat Leeb, die hier folgende Mitteilung
, die er als Flugblatt gedruckt unter den Anwesenden \eiteilen ließ.
Der Charakter des ehrwürdigen, nun halb erblindeten Priesters ist unantastbar
. Dr. A. Ludwig, Prof.
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