http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1924/0018
14 Psychische Studien. LI. Jahrgang. 1. Heft. (Januar 1924.)
das Mädehen zusammen, und das war das Zeichen, daß der Geist
ausgefahren ist. Man legte sie auf ihr Lager, da sie noch ohnmächtig
und bewußtlos war. Sie sehlief die ganze Nacht und
als sie erwachte, war sie ganz normal und wieder fieberfrei.
Von dem Vorgefallenen, auch von den erhaltenen Schlägen
wußte das Mädchen nichts, sondern sagte nur, sie habe im
Traum der Nacht eine Person in der Tracht der Konkani-Brah»
manen-Witwen zu sich kommen sehen, die wegen dem Sandwerfen
mit ihr geredet habe.
Kürzlich nahm Ev. Stephan das Mädchen mit auf eine Reise
mit seiner Familie nach Mangular, und während dieser ganzen
Reise kam weiter gar nichts vor. Aber von dort zurückgekehrt,
flogen aufs neue Sand und Steine auch im Beisein anderer zum
Fenster herein, in die Teller der Kinder, während sie am Essen
saßen. Nun war die Geduld des Evangelisten zu Ende,. Er
entließ das Mädchen endgültig und stellte ein anderes an. Seitdem
ruht die Sache. — Soweit der Auszug aus dem Jahresbericht
von 1903. Seitdem sind 5% Jahre verstrichen, ohne daß sieh
etwas weiteres ereignet hätte, als einigemal vorübergehende,
etwas sonderbare Krankheitszustände. Aber auch diese haben
aufgehört, seit sie sich vor 1% Jahren mit einem Lehrer verheiratet
hat.
Warschauer Erlebnisse und Eindrücke.*)
Von Professor C. B1 a c h e r, Riga.
Eingeklemmt in durch Jahrhunderte gefestigte Vorurteile, sind wir
oft blind für alles das, was uns umgibt. Ist jedoch der Bann gebrochen
, so stürmen die Wunder von allen Seiten den geöffneten
Augen entgegen. Solch eine, an Eindrücken überaus reiche Zeit durchleben
jetzt die „Parapsychologen" oder „Metapsychiker". Mit dem
letzteren Namen wurden die Besucher des vorjährigen Warschauer
II. Internationalen Kongresses für psychische Forschung, die sich zur
neuen Wissenschaft bekannten, belegt. Außerordentlich bezeichnend
war es dabei, daß das Wort „Okkultist" bzw. „Okkultismus4* fast gar
nicht gebraucht wurde. Ich kann mit ruhigem Gewissen sagen, daß
ich es kaum einmal habe aussprechen hören. Man sieht, die Para-
ps)chologie gewinnt immer mehr an Boden im Reiche der Wissenschaft
.
*) Anmerkung der Redaktion: Vom Verfasser dieses Aufsatzes, dem
Vorsitzenden der Gesellschaft für psychische Forschung in Riga, wird
uns mitgeteilt, daß letztere beschlossen hat, nach Möglichkeit regelmäßig
Beiträge in den „Psych. Studien" zu veröffentlichen, wobei sie
auf einen eigenen Sdiriftteil in Zukunft rechnet. Dadurch würde
unserer Zeitschrift eine größere Verbreitung in Riga wie in Estland
und Lettland überhaupt gesichert, und die Einmütigkeit der dortigen
Forscher mit uns in erfreulicher Weise betont. Wir senden der verdienstvollen
Gesellschaft über die Landesgrenzen unseren aufrichtigen
Gruß!
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1924/0018