Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
51. Jahrgang.1924
Seite: 44
(PDF, 233 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1924/0048
44 Psychische Studien. LI. Jahrgang. 1. Heft. (Januar 1924.)

als Quelle okkulter Evidenzen zu erfassen. Freilich wunde
auch dieser Fortschritt sogleich ins Naturwissenschaftliche gewendet:
es wurden „supranormale" Dispositionen und Funktionen als Ursachen
besonderer psychischer und psychophysischer Bewirk un-
gen angesetzt. Dieser Standpunkt ist schwierig. Sieht man selbst von
den deskriptiven Bedenklichkeiten des Begriffes „supranormal" ab, die
Vortragender erörtert und die in seinen Wertungsmomenten liegen
— so ist von jenen angeblich naturgegebenen Dispositionen zu sagen,
daß sie wesensmäßig, völlig unbekannt sind. Ihre Annahme ist
eine Arbeitshypothese, die abermais lediglich eine kausalisierende Betrachtung
und den Bezug auf psychologisch Bekanntes involviert —
und damit jene Paradoxie des Okkulten wieder ins Spiel bringt.

Dennoch liegt in der Einstellung des Forschers auf die Persönlichkeit
als Quell des Okkulten eine große Vertietung unseres Er-
griffenwerdens vom okkulten Erlebnis.

Gerade in der konkreten experimentellen Einzeiforschung zeigen
sich auch die inneren Unmöglichkeiten konstruktiver
Erklärung des Okkulten. Die Forschung bemüht sich um sorgsame
Eindeutigmachung der Naturvorgänge, an deren okkulte Bedeutungen
sich zu manifestieren scheinen. Sie tut dies bis zur Ueber-
spannungi des Sinns von „Experimenten** und „Versuchsanordnungen",
in deren Enge jede freischöpferische Evidenz ersticken muß. Um so
hilfloser steht sie dann aber vor ihrem eigenen Erklärungsbedürfnis.
Die einen lehnen jede „Erklärung" a limine ab: sie „registrieren nur
die Tatsachen." Aber dem Tatsächlichkeits-Charakter von Naturtatsachen
wohnt zwangsläufig der Anspruch auf Erklärung aus einer
empirischen Naturtheorie inne! Die andern fühlen diesen Zwang zur
Erklärung — und gerade er wird ihnen ein Motiv der Skepsis in bezug
auf den okkulten Charakter des betr. Phänomens. Sie sind Negia-
tivisten aus Kausalbedürfnis. Und endlich die Art der hypothetischen
Erklärungen ist so, daß der starke und kritische Naturforscher sich
fast genkrt sie auszusprechen.

Aus dieser Gesamtsituation ergibt sich eine notwendige Konsequenz
, un ihre inneren Unzuträglichkeiten zu vermeiden: das)
zunächst hermetisch gewonnene Merkmai des Okkulten, die Durchbrechung
des Erfahrungszusammenhanges, muß ins Grundsätzliche
gewendet werden; das Okkulte fällt zusammen mit dem
grundsätzlich Unrationalisierbaren, jede rationale Erfassung
Ausschaltenden. Wenn wir dies formulieren, müssen wir uns
aber fragen: gibt es etwas Derartiges überhaupt, und auch sonst
noch im Bereiche des Phänomenalen? Wenn nämlich nicht, so liegt
die Vermutung nahe, daß wir ein Luftgespinst weben. Wenn abei j a —
und an der Bejahung ist kein Zweifel —, so fragen wir
weiter: welcher Art sind derartige, grundsätzlich unrationaiisierbare
Phänomene? und welcher Art ist ihre Erfassungsweise?

Daß es derartige, grundsätzlich rational unauflösliche Phänomene
auch sonst noch gibt, liegt zutage. Alle Phänomene gehören hierher,
an denen wir Individualität erfassen. Der Begriff der Individualität
hat in der Naturwirklichkeit tausend phänomenale Spiegelungen
: Ganzheit, Organismus, Person, Charakler usw. — und an keiner
einzigen dieser phänomenalen Spiegelungen in der Natur ist sein Wesen
empirisch faßbar oder erklärbar. Es besteht geradezu ein wesensmäßiger
Gegensatz zwischen Individualität und reflexionelier Analyse, der direkt
verglichen werden kann mit unserer Paradoxie des Okkulten. Freilich
ist es zweifelhaft, ob gerade beim Problem der Individualität dieser
Widerspruch zur Ratio ein solch absoluter ist wie bei dem des Okkkul«
ten: das Problem der Individualität stellt für die rationale Zergliederung
zwar eine unvollendbare Aufgabe dar. insofern immer nur


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1924/0048