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56 Psychische Studien. LI. Jahrgang. 1. Heft (Januar 1924.)
lisium ist die immer systematischer und zwingender zu gestaltende
Feststellung und Festlegung des Tatsachenmaterials. Und in diesem
Bestreben absolut kritisch und distanziert sich einzustellen —
sollten sich Animisten und Spiritisten — soweit sie nicht rein affektmäßig
eingestellt sind — brüderlich die Hand reichen. Rröner.
Wir beginnen hier mit der Veröffentlichung der Berichte über eine
Reihe interessanter Sitzungen eines privaten Tischzirkels. Die dort
beobachteten Erscheinungen sind so bedeutsamer Natur, daß wir eine
weitere Verfolgung der Angelegenheit — wenn irgendmöglich unter
Laboratoriumshedingungen — für dringend notwendig erachten. Was
hier mit primitiven Mitteln von den experimentell noch ungeschulten,
dafür aber auch weder skeptisch noch offenbarungsgläubig verbildeten
Zirkelteilnehmern im familiären Kreise beobachtet und geleistet worden
ist, steht hoch über dem Niveau der landesüblichen spiritistischen
Sitzungsberichte, wenn es auch noch nicht den letzten Erforderungen
experimentaler Technik und Kontrollen genügt. Daß die beteiligten
Personen volles Vertrauen hinsichtlich ihrer Ehrlichkeit und Beobachtungsfähigkeit
verdienen, davon konnte sich Herausgeber, der gemeinsam
mit Herrn Grunewald einer Sitzung und einer zweiten Sitzung
allein letzthin beiwohnte, personlich überzeugen. Die erste Sitzung,
die unter dem Zeichen des bekannten „Demonstrationslampenfiebers"
verlief, brachte außer sehr kräftigen Tischkippungen (wobei sieb zwei
Herren auf die freischwebende Kante hängen konnten, ein Phänomen,
das sich künstlich nicht nachahmen ließ), wenig bemerkenswerte Erscheinungen
zum Leidwesen der Zirkelsitzer, die gerne vor uns „geglänzt
" hätten. Dies änderte sich auch nicht, als unsererseits die
Kontrolle so lax gehandhabt wurde, daß es künstliche Nachhilfe —
wenn solche je in Betracht kam — geradezu herausgefordert hätte.
Dies, sowie der persönliche Eindruck, den wir von den Teilnehmern
empfingen sprach durchaus zugunsten der Ehrlichkeit aller Anwesenden.
Im Verlauf der zweiten Sitzung konnte Herausgeber etwa ein halbes
Dutzend einwandfreier Tischelevationen bis zu 1 m Höhe, sowie deutliche
Klopftöne konstatieren. Ferner zeigte sich ein feines Gekritzel
und der Ansatz zu einem Fingerabdruck auf Rußpapier in ververschnürtem
, mit Wachs versiegeltem Kasten. Bei vier von sechs
Zirkelteilnehmern zeigte der Tisch starke Bewegungen bei einzelnen
Handauflegen, bei einer fünften kamen Klopftöne, während Herausgeber
selbst ihn nicht allein in Bewegung setzen konnte. Die Stärke
der Kraftäußerungen spielte sich folgendermaßen ab: 1. Frau Dr. St.,
2. E>r. St., 3. Frau K., 4. Herr K., 5. Frl. C, 6. Dr. Krönen-, welche
Reihenfolge nachher von der Tischintelligenz bestätigt wurde.
Eine Reihe Verbesserungen und Erweiterungen efer V>rsucbsanorJ-
wung sind angeregt worden, vor allem solche»zur Gewannung von
bleibenden Phänomenen im vollständig geschlossenen Raum, sowie
von einem geschlossenen Raum in einen anderen (Paraffinabgüsse,
Fingerabdrücke, direkte Schrift, Apporte), auf deren Ausfall wir gespannt
sein dürfen. Hoffentlich wird es möglich sein, einige Phänomene
im Laboratorium Grunewald meßtechnisch genau zu verfolgen!
und zu fixieren. Sollte dies gelingen, so wäre ein grundsätzlich neuartiger
und beweisender Schritt über die bisher in der Experimental-
parapsydhologie zur Anwendung gelangte Kontrolle hinaus geleistet.
Gegenüber dieser Frage tritt das Problem Animismus-Soiritismus
zurück. Für beide Theorien lassen sich aus den Experimenten Argumente
ziehen, was diesmal aber nicht erörtert, sondern dem Belieben
der Leser überlassen werden solle. Ueber den weitereu Verlauf der
Versuche wird an dieser Stelle berichtet werden. K r ö n e r.
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