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Tischmer: Der Okkultismus im Veitiältnis m Irrationalismus u. Mystik. 85
piellen Grenzen .bewußt sein und seine Herrschaft nicht überspannen
wollen.
Nach diesen allgemeinen Ausführungen sei nunmehr auf den
Okkultismus und seine Beziehungen zum Irrationalen eingegangen
. Wie schon kurz erwähnt, wollen wir unter Okkultismus die
Erforschung des Tatsachengebietes verstehen, das ich kurz
durch die Worte Telepathie, Hellsehen, Telekinese und Materialisation
umschreiben 'will. Der Okkultismus ist damit ein wissenschaftliches
Forschungsgebiet wie jedes andere, wenn auch mit
gewissen Eigenheiten behaftet. Vielfach empfindet man nun das
ganze Gebiet als im Gegensatz zum Rationalen stehend, und es
sind sich darin vielfach Anhänger und Gegner einig. Diejenigen,
die die Tatsachen anerkennen, sehen vielfach gerade die Bedeutimg
des Gebietes, daß es einer rationalen Auffassung widerstreite
und deshalb zu einer mystischen Weltanschauung führen
müsse. Die Gegner aber sagen, der Okkultismus stehe im Widerspruch
mit der rationalen Auffassung der Welt und könne des»
halb nicht wahr sein. (Es widerstreite den Naturgesetzen, eine
seelische Fernwirkung wie bei der Telepathie anzunehmen, ein
Hellsehen ohne Sinnesorgane sei unmöglich, die zeitliche Vorschau
sef; Unsinn, auch die Telekinese und die Materialisation
seien von einer rationalen Weltanschauung abzulehnen und
Geister endlich dürfe man nicht zur Erklärung der Erscheinungen
heranziehen, da sie kein anerkannter Bestandteil der Wissenschaft
seien. Um den letzten Punkt gleich hier zu erledigen, so
ist der Einwand wohl richtig, und gerade diese Erklärung vermitteis
der Geister, bat den Okkultismus in Verruf gebracht,
widerrational zu sein, aber er trifft den Okkultismus gar nicht
in seiner Gesamtheit, sondern nur den Spiritismus, als eine Deutung
der okkulten Phänomene. Scheiden wir also den Spiritismus
hier aus unserer Erörterung aus, so wäre aber auch sonst
gegen die eben angeführten Einwände manches zu sagen.
Aus unseren obigen Darlegungen geht hervor, daß, wenn auch
alle diese Einwände zu Recht beständen, dias doch kein prinzi*
pieller Einwand gegen die Realität der Phänomene wäre, denn
die Irrationalität ist kein entscheidendes Kriterium gegen die
Wirklichkeit einer Erscheinung. Aber es fragt sich überhaupt, ob
hier durchgängig eine Irrationalität besteht, oder ob es sich bei
dieser angeblichen Irrationalität nur darum handelt, daß wir das
Gebiet noch nicht genau genug kennen, um es schon in unser
sonstiges Wissen einordnen zu können. Daß diese Gebiete bis
jetzt der Rationalisierung widerstanden haben und noch jetzt
widerstehen, wird gewiß seinen Grund haben, der vielleicht
darin liegt, daß das ganze Gebiet an der Grenze des Rationalen
zum Irrationalen liegt. Um etwas rationalisieren zu können, bedarf
es zweierlei Bedingungen, es muß erstens überhaupt erkenn*
bar sein und zweitens eine logische Struktur haben. Schon bei
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