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112 Psychische Studien. LI. Jahrgang. 2. Heft. (Februar 1924.)
wider den Okkultismus, die in allgemeinverständlicher und fesselnder
Barstellung alle ihm zugehörigen Gegenstände und Fragen beleuchtet
und bald mit überlegenen, aber gemütswarmem Humor, bald mit
eindringlicher Verstandesschärfe die mannigfachen Gefahren aufzeigt,
die auf den verschlungenen Irrwegen des modernen Okkultismus dem
klaren Denken seiner Jünger, sowie ihrem religiösen Glauben und
ihrem sittlichen Gefühl drohen. Seine Verdammung der Theosophie,
der Steinerschen Anthroposophie und des Spiritismus weiß der Verfasser
überzeugend zu begründen. Hingegen kann seinem absprechenden
Urteil über den wissenschaftlichen Okkultismus nicht beigepflichtet
werden. Dieser ist — richtig verstanden — ein Zveig der Biologie und
hat als solcher weder mit der okkultistischen Bewegung noch mit irgendeiner
Weltanschauung etwas zu tun. ,Trotz allem Betrug und allen
Selbsttäuschungen der Spiritisten sieht sich doch Beyer genötigt zu
erklären, es gebe „ein großes Gebiet okkulter Tatsachen, vor dem matt
das Auge nicht verschließen kann". Mit dieser Erklärung ist aber
nicht bloß die Daseinsberechtigung, sondern sogar die Notwendigkeit
des wissenschaftlichen Okkultismus anerkannt, und sein** Bekämpfung
erseheint erst dann berechtigt, wenn er sich nicht darauf beschränkt,
Tatsachen in ihrer Realität festzustellen und zu erforschen, sondern-
wenn er dazu übergeht, sie in verkehrtem und glaubensfeindliehern
Sinne auszudeuten. Es gibt kein Wissensgebiet, das dem menschlichen
Mißbrauch nicht zugänglich wäre. Soll man etwa die Toxikologie verbieten
, weil die Kenntnis lebensgefährlicher Gifte auch zu Veibrechen
benutzt werden kann? Im Gegensatz zur volksverderblichen theosophi-
schen und spiritistischen Bewegung können die vom wissenschaftlichen
Okkultismus ans Licht gebrachten Tatsachen bei unbefangener Beurteilung
dem christlichen Glauben nimmermehr Abbruch tun, sondern
dienen ihm, besonders der kirchlichen Lehre vom Wesen unserer Seele,
sogar zur kräftigen Stütze. Es ist daher auf diese Richtung des Okkultismus
jenes Wort Pius X. anwendbar: „Das Christentum fürchtet nicht
die Forschung, sondern die Unwissenheit."
Baur, Prof. Dr. Lmlwig, Metaphysik. Bd. VI der philosophischen
Handbibliothek. XII u. 502 S., 8°. 1922. Verlag Kösel &
Pustet, A.-G., München-Kempten.
Die philosophischen Grund a^e'i der okkulten Forschung seit Aristoteles
, Piaton, u. a., vom nüchternen, abendländischen Standpunkt aus
gesehen, dargestellt. Uebersichtlich und klar, wie man es heute dringend
braucht. Das erste Buch gibt allgemeine Metaphysik (Ontologie), das
zweite behandelt metaphysische Fragen der Natur, das dritte die für
uns besonders wichtigen Fragen der metaphysischen Psychologie und
das vierte das absolut Seiende (die natürliche Gotteslehre). Ein
Namensregister wäre neben dem Sachregister erwünscht. Kr.
Otto von Bre^sen^dorf. Die Grundzüge der Hindu-Astrologie
. Verlag: Barth, München, Schellingstr. 61.
Von einem astrologischen Lehrbuch darf man in erster Linie verlangen
, daß es hinsichtlich der astronomischen Grundlagen und sonstigen
Bemerkungen einwandfrei sei. Der ohnebin problematische Charakter
des hauptsächlich Vorgetragenen würde sonst ganz unwissenschaftlich
sein. Schon die Einleitung weist recht unklare Begriffe hinsichtlich
des „Sonnenjahrs" auf. Mit Recht sagt der Verfasser: „Es mag schwer
sein, diese Verhältnisse in sich aufzunehmen und sie zu einer inneren
Ueberzeugung zu machen. Zweifelhaft ist auch, daß die Umlaufszeit der
Wega nur 4320 Jahre dauern soll. Das hätten die Astronomen längst
bemerkt, wenn Wega ein solcher Schneliläufer wäre! In den astrologischen
Abschnitten gibt Verf. eine Ueberskht der Deuturtgsvor-
schriften, die Rez. nicht nachprüfen konnte. Immerhin lassen die astronomischen
Bemerkungen eine sorgfältige Durcharbeitung für die nächste
Auflage erwünscht erscheinen. Kr.
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