http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1924/0132
128 Psychische Studien. LI. Jahrgang. 2. Heft. (Februar 1924.)
Zur Geschichte der vierten Dimension.
Die allgemeine Annahme ist, daß dieser Begriff, der eine so große
Bedeutung1 in der Lehre des Spiritismus erworben, eine Schöpfung
desselben sei, der besonders durch Friedrich Zöllner reine Bedeutung!
erlangt habe. Er datiert aber aus früheren Zeiten und es wäre sehr
interessant, ihn soweit als möglich rückwärts in der Literatur festzustellen.
Jüngst fand ich ihn, allerdings in anderen Worten, bei der Lektüre
von Calderon, dem großen spanischen Dichter, geb. 1600, gest. 1681,
an zwei Stellen. Wobei besonders zu bemerken, daß Calderon 1651
in den Priesterstand getreten, und bis zum Jahre 1663 an der Kathedrale
von Toledo die Stelle des ersten Kaplans bekleidete. Es handelt sich
also um einen Ausdruck, der damals in strenggläubigen kirchlichen
Kreisen keinerlei Beanstandung! erfuhr. Die eine Stelle findet sich zu
Beginn der zweiten Aufzuges des „wundertätigen Majus', wo Cypria-
tius sagt:
„Oh, wäre dies Licht der vierten Sphäre nimmer, nimmer mir
erschienen."
Die andere Stelle lautet im ersten Akt des „standhalten Prinzen"
Mohr: „Wehr setzt sich so zur Wehre, obschon mein Arm, ein
Strahl der vierten Sphäre, ihn zückend will verderben?"*)
Zweifelsohne soll an beiden Stellen das Uebernatürliche hervorgehoben
werden, welches aus dem Rahmen der gewöhnlichen Dimensionen
, des Irdischen, heraustritt. Weitere Mitteilungen zur Geschichte
dieses Begriffes sind erwünscht. H. Hofmann, Mehlem,
Ein Wahrtraum.
In der am 4. September in Schanghai herausgegebenen „China
Preß" berichtet Bert L. Kuhn, einer der Direktoren dieser Zeitung:
„Wir hatten Yokohama am vorigten Donnerstag verlassen, und der
Dampfer war auf dem Wege nach Kobe. Am Freitag abend, als
einige Herren nach Tisch im Gespräch beieinander saßen, erwähnte
Dr. George C. Ballard, von der Rockefeller-Stiftung, er habe vergangene
Nacht einen entsetzlichen Traum gehabt. Die Bemerkung
wurde als ein Stück der gewöhnlichen Nachtischgespräche aufgefaßt
und mit kurzem: „Nun, was war es?" beantwortet. „Es war der
deutlichste Traum, den ich je gehabt habe. Ich träumte, ganz Tokio
wäre durch Erdbeben und Feuer zerstört worden. Ich sah die Stadt
völlig verwüstet, die großen Gebäude in Ruinen, Hunderttausende von
Menschen tot." Wir lachten über die Erzählung, und einer der Herren
meinte scherzend, der Doktor habe am Abend vorher vielleicht etwas
zuviel gegessen. Am Samstag, nachmittag %S Uhr, verließ die
„Lincoln" Kobe, wo man zwar einen leichten Erdstoß verspürt hatte,
der die Leuchter im Orienthotel in Schwingungen versetzte, aber
nichts von der Katastrophe wußte, die Tokio und Yokohama wenige
Stunden vorher betroffen hatte. Gegen Mitternacht fing die „Lincoln"
den Hilferuf eines Dampfers auf, der berichtete» daß er mit 300 japanischen
Passagieren an Bord im Hafen von Yokohama auf Land gestoßen
sei. Wir waren aber schon zu weit südlich gesegelt, als daß
wir mit einiger Aussidht auf Hilfeleistung hätten umkehren können.
Die Größe der Katastrophe erfuhren wir erst gestern, als vor der
Einfahrt nach Schanghai der Lotse an Bord kam. Dr. Ballard hat
keine Erklärung für seinen Traum."
Briefkasten.
Herrn Oberstleutnant IL in P. 30 Kc\ dankend erhalten. O. M.
*) Seite 31, Bd. II, in Calderons Werken, übersetzt von Aug. Wilh.
Schlegel und J. D. Griß. Stuttgart J. G. Cotta'sche Buchhandlung.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1924/0132