http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1924/0197
Vom Büchertisch
183
meinerseits zu besprechen, da ich erhebliche Kritik daran hätte üben
müssen.
Jet/t liegt der bisher schwer zugängliche Bericht mir von neuem
vor: Er ist in dem obengenannten kürzlich erschienenen Buch zum
Abdruck gelangt. Daneben stehen die kritischen Randbemerkungen der
Frau Bisson, die sich endlich entschlossen hat, ihre Meinung über
diese Sitzungen öffentlich auszusprechen. Als Ergänzung tritt hinzu
ein Vortrag, den sie im Herbst 1921 auf dem Kopenhagener Para-
pstychologischen Kongreß gehalten hat, und in dem sie die Ergebnisse
ihrer langjährigen Studien mit Eva C. zusammenfaßte. Angehängt
sind noch ein paar Zuschriften, darunter solche von Marcel
Prevost und Fournier d'Albe, welch' letzterer sich auf Grund der Teilnahme
an den von der Society for Psychical Research in London
mit Eva C. abgehaltenen Sitzungen ausdrücklich für deren Echtheit
ausspricht.
Das Ergebnis, zu dem die Pariser Kommission kam, war noch viel
unbefriedigender ate das in London erzielte. Der Bericht schließt mit
den Worten: En ce qui concerne Pexistence d'un „ectoplasme" qui
serait inexplicable au moyen des donnees actuelles de la physiologie,
tios experiences ont abouti ä des resultats qui ne peuvent etre con-
sideres que comme enti&rement negatifs. Es hatten sich in den Sitzungen
Materialisationsphänomene nur in minimaler Zahl und Ausdehnung
— aus dem Munde der Eva C. — gezeigt. Einmal hatten die Beobachter
den Eindruck, als ■ob E\a C. eine kautschukartige Masse im Munde
zeige. Die Reguigitationsfoypothese schien ihnen ausreichend, um alles,
wa9 sich so spärlich gezeigt hatte, zu erklären. Obwohl sie sich
hüteten, in ihrem Bericht offen von Schwindel zu sprechen, war das
doch sichtlich ihre Meinung.
Was inzwischen von drittes; Seite über diese Sitzungen bekannt geworden
ist, ließ erkennen, daß sich die Fehler der Londoner Sitzungen
in verstärktem Maße wiederholt hatten. Wieder fanden die Sitzungen
in einem Räume statt, neben dem fortgesetzt starke Geräusche, laute
Unterhaltung und Gelächter hörbar waren, die Sitzgelegenheit für das
Medium war äußerst unbequem, wieder wurde ununterbrochen laut
über die Art, wie sie wohl betrüge, diskutiert. Eins der Kommissionsmitglieder
hatte so geringes Interesse, daß es überhaupt nur ein einziges
Mal — für eine Viertelstunde! — erschien. Nichtsdestoweniger
unterzeichnete der Betreffende das gesamte Protokoll. Ein anderer kam
regelmäßig, laute Störung verursachend, zu spät. Kurz, man hat den
Eindruck, daß alle miteinander die Sache als überhaupt nicht ernsthaft
betrachteten. Die Höhe war, daß, als endlich einmal eine Materialisation
sich zu zeigen begann, trotz der Bitte von Frau Bisson, das Phänomen
sich entwickeln zu lassen, sofort zwei Gelehrte sich auf das
Medium stürzten und es am Halse würgten, um es am Herunterschlucken
des angeblichen Stück Kautschuks zu verhindern. Die Bitten
des Mediums wie der Frau Bisson, sofort auf allen« möglichen medizinischen
Wegen das Vorhandensein dieses Fremdkörpers im Körper des
Mediums festzustellen, fanden merkwürdigerweise kein Gehör.(!) ^
Man kann nicht umhin, das Gesamturteil über diese Sitzungen dahin
zusammenzufassen, daß diese Gelehrten ihre Aufgabe teilweise wie mit
Metzgershänden angefaßt haben, und daß sie außerdem die notwendige,
ja selbstverständliche Gewissenhaftigkeit in der absoluten Sicherung
des Resultats, zu dem sie gekommen zu sein meinten, unterlassen
haben. Es zeigt sich von neuem, in welchem Maße Vorurteile und
mangelnde Sachkenntnis über die Bedingungen, unter denen gewisse
Phänomene auftreten, selbst bedeutende Gelehrte in ihrer Arbeit zu
beeinträchtigen zu vermögen, so daß sie geradezu zur Farce wird. Wen
die Porträts dieser auf ihren sonstigen Arbeitsgebieten, wie gesagt.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1924/0197