Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
51. Jahrgang.1924
Seite: 207
(PDF, 233 MB)
Bibliographische Information
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Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

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Carl: Betrachtungen über das Raum-Zeit-Problem. 207

sieren. Es gibt so viel anschauliche Räume, wie wir Sinne besitzen,
insbesondere den Tast-, Gesichts- und kinästhetischen Raum. Diese
verschiedenen Räume haben sich durch Assoziationen zum Wahrnehmungsraum
schlechthin vereinigt, und bei einer räumlichen Wahrnehmung
werden uns die einzelnen Räume ebensowenig bewußt, wie
etwa die in der Wahrnehmung einer Rose enthaltenen Empfindungen,
Vorstellungen, Gefühle usw. uns einzeln bewußt werden. Bei der
Entwicklung des Raumsinnes bei Kindern kann das noch Nebeneinanderbestehen
des Tast- und Gesichtsraumes beobachtet werden.
Kinder greifen nach weitentfernten Gegenständen, z. B. nach dem
Mond. Das optisch Wahrgenommene wird haptisch an anderer Stelle
gesucht. Optischer und haptischer Raum fallen also hier auseinander.
Auch bei Blindgeborenen, die durch Operation sehend geworden sind,
kann man die allmähliche Verschmelzung der verschiedenen Sinnesräume
zum Wahrnehmungsraum schlechtweg beobachten.

Bei der Zeit ist eine solche Analyse wie beim Raum nicht möglich.
Immer handelt es sich um dieselbe Zeit.

Der Raum, d. h. der Wahrnehmungsraum, ist dreidimensional, d. h.
er hat Länge, Breite und Höhe. In ihm eine vierte Dimension,
suchen zu wollen, würde, um mit Pick zu sprechen, tatsächlich hart
an den Wahnsinn grenzen: denn der Raum wird von uns als dreidimensional
erlebt, und ein Erlebnis kann nicht wegdisputiert werden
, wobei hier die Frage nach dem Verhältnis vom subjektiven Er-
lebnis und objektiven Sein gar nicht berührt zu werden braucht. Wie
uns der WahrnehmungsrauL dreidimensional gegeben ist, so gibt es
in der Zeit nur ein Früher odär Später. Die Zeit ist also nur einfach
ausgedehnt, eindimensional. Ebenso klar, da wieder unmittelbar
erlebt, ist es, daß Raum und Zeit für unser Bewußtsein vollständig
verschieden sind. Es ist vom psychologischen Standpunkt aus (natürlich
empirisch psychologisch) ganz unmöglich, die Zeit, da sie eindimensional
ist, etwa mit einer Raumdimension gleichzusetzen. Eine
Raumstrecke und eine Zeitdauer sind eben für unser Bewußtsein
nicht dasselbe, sie sind vielmehr verschieden, und zwar nicht nur
graduell, sondern prinzipiell. Die Untersuchung der Raum- und Zeitwahrnehmungen
bildet für die Psychologie ein großes Arbeitsgebiet,
zu der auch Physiologie und Anatomie mit herangezogen werden
müssen. Um Irrtümern zu entgehen, wird es aber Lnfr gut sein,
das Psychische und Physische, also die unmittelbare und mittelbare
Erfahrung, scharf zu trennen. Noch ist keineswegs auf diesem Gebiet
alles gelöst. Es sei nur der noch nicht abgeschlossene Streit über
die Erklärung des körperlichen Sehens erwähnt. Diese Untersuchungen
über Raum- und Zeitwahrnehmungen kommen für uns hier nicht
weiter in Betracht.

Von Bedeutung für uns ist aber, daß -wir ein, wenn auch nur
rohes Maß für Raum- und Zeitgrößen unmittelbar in unserer Anschauung
besitzen. Daß wir dabei allerhand Täuschungen unterworfen
sind, ist allbekannt. Die Beurteilung der verflossenen Zeit hängt

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