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Kindborg: Die Spukereignisse auf Java. 229
sich herausstellte, daß die Ereignisse sich an ein jugendliches
Individuum geknüpft haben, an dem dann mangels an
Beweisen der Verdacht des Unfugstiftens hängen blieb.
Quousque tandem? Unter diesem Gesichtspunkte scheint es
mir angebracht, nicht immer bloß sich mit der Hoffnung
zu vertrösten, daß künftige Ereignisse Aufklärung bringen
könnten, sondern lieber durch genaues Studium der alten
Fälle, soweit sie gut beglaubigt sind, die Erforschung künftiger
vorzubereiten. Was können uns nun die im vorstehenden
Text geschilderten Ereignisse lehren? Zunächst nicht
/nehr und nicht weniger, als uns soundso viele andere, ähnliche
, auch hätten lehren können. Daß man nämlich Spukerscheinungen
ebensowenig wie anderen Naturereignissn
mit Polizeiorganen zu Leibe gehen kann. Denn bessere polizeiliche
Machtmittel, als sie die Spitzen einer Kolonialmacht
zur Verfügung hatten, dürften kaum bei irgendeiner andern
Gelegenheit zu Gebote stehen. Dennoch war das Ergebnis
(auch in diesen Fällen, ebenso wie in allen andern, gleich
{Null. Wenn also die Polizei sämtlicher Länder und Zeiten
versagt hat, so sollte man in neuen Fällen nicht immer wieder
die alleinige Hoffnung auf die Polizei setzen, sondern die
Forschung in diesen Dingen gebührt eben dem Forscher.
Und zwar einem, der spezialwissenschaftlich geschult und
in keiner Weise voreingenommen ist. Wie schon das hollän-
dissche Blatt vor dreißig Jahren ganz richtig gesagt hat:
„Untersuchen und mit ähnlichen Fällen vergleichen, einerlei
welches Resultat sich ergibt." Freilich wird der Forscher
die Hilfe der Polizei nicht entbehren können. Schon damit
sie ihm als Vertreterin der Staatsgewalt seine Arbeit erst
möglich macht, und zweitens damit sie seiner Arbeit durch
ihre kriminalistischen Erfahrungen zu Hilfe kommt.
Können wir uns nun auf Grund der bisher bekannten und
insbesondere der geschilderten Ereignisse schon irgendein
Bild machen, nach welcher Richtung die Forschung einzusetzen
hat ? Die Antwort darauf Ist zunächst, daß sich die
Spukerscheinungen in der Regel, wie auch die vorstehende,
an eine bestimmte Person, und zwar meist eine jugendliche,
geknüpft erscheinen. Mit dieser Feststellung war man bisher
immer am Ende der Untersuchung; man war dann froh,
(die Sache mit einiger Wahrscheinlichkeit in die altgewohnte
Bahn des groben Unfugs abgelenkt zu haben. Jch
erinnere als Beispiel an den berühmten Spuk von Resau,
der auch in dieser Weise geendet hat. Tatsächlich liegt aber
hier nicht das Ende der Untersuchung, sondern der Anfang.
Denn soviel läßt sich aus den bisherigen Spukereignissen
bereits mit Sicherheit ableiten, daß diejenigen Personen, an
die sie sich geknüpft haben, nicht jedesmal das Subjekt, son-
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