Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
51. Jahrgang.1924
Seite: 245
(PDF, 233 MB)
Bibliographische Information
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Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

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Vom Büchertisch

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Andrängen theoretischer Erklärungsversuche auseinanderzusetzen; immer
wieder mahnt er, wie schon oben dargelegt, sich nur und nur auf die
Tatsachen zu stützen, und keinerlei Phantasie Raum zu lassen, die
•chon jetzt eine Theorie dieser Erscheinungen bilden möchte.

Diese Seiten tragen nun sehr häufig das Gepräge, daß sie nicht
aus einem Guß niedergeschrieben sind, sondern mit ihren Wiederholungen
und, auch das darf nicht verschwiegen werden, mit vielen
Selbstwidersprüchen bieten sie das Bild jahrzehntelangen Ringens mit
und um diesen Stoff. Das ganze Buch ist die Darstellung eines verzweifelten
Kampfes, den der greise Gelehrte mit der Natur dieses
Forschungsgebietes in sich zu führen hatte. Was nutzt es ihm, daß er
anerkennen muß: das Zeitalter materialistischen Denkens sinkt in diesen
Tagen auf den Schutthaufen überwundener Irrtümer zurück; er selbst
bleibt ein echtes Kind jener gestrigen Zeit. Er kann sich nicht von
der materialistischen Denkweise freimachen, wie die ihm so nahestehenden
befreundeten Forscher: Oliver Lodge und Bozzano. Immer wieder
stemmt er sich der Wucht der selbstgefundenen Tal Sachen entgegen
und er hält nach seinen eignen Worten „an realistischen, ja rational!-*
stischen Erklärungen fest", auch wenn dieselben ihm „unwahrscheinlicher
" erscheinen als andere. Und darin muß man ihm recht geben.
Er plagt sich mit Denkmöglichkeiten ab, die solchen Erscheinungen
gegenüber weiß Gott unwahrscheinlich genug sind, denn das Hellsehen
unserer intuitiven Psyche auf eine besondere „Empfindlichkeit der
Netzhaut" zurückführen zu wollen und bei diesem Gedanken auch nur
einen Augenblick zu verharren, ist denn doch Erscheinungen gegenüber,
die oft Hunderte von Kilometern und mehr von uns Wahrnehmenden
entfernt sind, ein starkes Stück.

Gänzlich undenkbar dünke es Richet, Bewußtsein anders aufzufassen
als ein Produkt des Gehirns, so etwa wie „Nieren Urin absondern".
Dabei widerspricht er sich immer wieder selbst, denn intelligente
Kräfte, wie er das wunderlicherweise nennt, läßt er auch ohne Menschengehirn
gelten. Aber was sind selbständig existierende Kräfte
eigentlich? Brauchen wir für sie nicht auch substanzielle Träger,
die diese Kräfte haben? Nein, die braucht Richet wunderlicherweise
nitht. Würde er, ich möchte fast sagen, deutscher denken und nicht
so vollkommen ein echter Franzose sein mit allen Vorzügen und Mängeln
dieser Mentalität, würde er /nicht ausschließlich Intellektuelles mit
Psyche und Bewußtsein gleichsetzen, sondern auch nur ein einzigesmal
vom Intuitiven sprechen und daran denken, daß auch Psyche einen
polaren Bau aufweist, ein Außen und ein Innen hat, wieviel Rätsel
würden sich ihm erschließen. Aber für sein rein „rationalistisches"
Denken ist der materialistische Standpunkt nicht zu verlassen: Nicht
schöpferische Psyche ist es, die sich in der Form ein Werkzeug schafft
zur Verwirklichung seelischer Innerlichkeit, sondern das alles bleibt
eben „Produkt des Gehirns", und „wenn das Gehirn aufhört so kann
es eben auch kein geistiges Ich mehr geben"; und das fürchterlichste
Schreckgespenst bleibe ihm die Vorstellung, daß dieser Zweig exakter
Naturwissenschaftlichkeit sich doch einmal wird dazu bequemen müssen,
die Fortdauer geistiger Existenzform auch nach dem Tode des Menschen
ernsthaft in Frage zu ziehen. Einstweilen ist er — Gottlob — dieser
tollen Schlußfolgerung noch glücklich überhoben. Und oft weiß man
nicht, ist seine Ablehnung jeglicher Hypothesenbiidung ausschließlich
wissenschaftliche Gewissenhaftigkeit oder liegt auch ein klein wenig
Furcht vor ihren unliebsamen Konsequenzen darin zutage. Und doch
drängt sich gerade auf diesem Forschungsgebiet die Notwendigkeit auf,
das ganze Weitbild, das wir uns mühsam errungen haben, durch neue
Anschauungsform zu ergänzen und umzugestalten; eben weil es für uns
eine Denkungsungeheuerlichkeit ist, rein immaterielles anzunehmen, das
ohne stoffliches Substrat im Weltall herumgeistert. Gerade darum


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