http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1924/0280
II _
logisch durchaus berechtigte, und es müßte eigentlich recht
verwunderlich sein, wenn dies nicht der Fall wäre.
Nach neuesten Forschungen sind es Strahlungen radioaktiver
Natur, von unterirdischen Substanzen ausgehend, die beim Durchgang
durch die Luft diese ionisieren und übernormal leitfähig
machen. Diese Strahlungen üben ihrerseits einen Reiz auf das
Nervensystem dazu Disponierter aus, indem sie ins Gewebe eindringen
und die Nerven erregen, anderseits scheint die Störung
der normalen Verteilung der elektrischen Leitfähigkeit der Luft
vom Rutengänger unangenehm empfunden zu werden und ebenfalls
erregend auf die Nerven zu wirken.
Nimmt der Rutengänger die Rute zur Hand, so dient ihm
diese, wie Prof. Sommer in der „Wünschelrutenforschung" ausführte
, gleichsaim als Multiplikator eines Reizes, der Reflexbewegungen
der in Kontraktion befindlichen Arm- und Handmuskulatur
auslöst. Durch Konzentration auf Empfindungen über
Ausstrahlungen unterirdischer Substanzen tritt dieser Reiz über
die Bewußtseinsschwelle und wird bewußt als Reaktion verschiedenster
Art vom Rutengänger empfunden, der diese Empfindungen
nach semen Erfahrungen verwertet und Schlüsse auf
die Untergrundverhältnisse ziehen kann. Hört nun die Kon»
zentration auf, so fallen wohl die ms Bewußtsein gedrängten und
sinnlich wahrnehmbar gemachten Reflexerschemungen fort»
aber deshalb bleibt doch immer noch der Reiz bestehen, der
die Nerven erregt, da er ja physikalischer Natur ist und außerhalb
unserer Beherrschung steht. Muß sich nun ein Rutengänger
dauernd über derartige Reizfaktoren aufhalten, die in geschlossenen
Räumen — also in Wohnungen — sich doppelt
unangenehm bemerkbar machen, da sich feste radioaktive
Körper (Emanation), die sogenannten „Induktionen" an die
Wände und dem Staub festsetzen und diese ihrerseits leitfähig
machen (s. med. Baur, „Luftelektrizität als klimatisches
Element", Kosmos, Heft 12,1922), so müssen diese Reize, dauernd
ausgeübt, auf dazu disponierte Personen mit der Zeit empfindlieh
störend wirken und zu krankhaften Erregungen des Nervensystems
, zu Störungen physischer wie psychischer Art führen.
Die bisher noch sehr geringe Erforschung luftelektrischer Zustände
als atmosphärische Einflüsse auf den menschlichen Körper
hat ergeben, wie abhängig das Befinden vieler Personen von
solchen Zuständen ist (z. B. bei Gewitterstimmurag). Diese Erscheinungen
weiter zu verfolgen und therapeutisch auszuwerten,
müßte die nächste große Aufgabe der Nervenpathologie sein,
denn wie weit die Ionisation der Luft das Nervensystem erregen
und beeinflussen kann, harrt noch der ernsten Untersuchung, und
wird ein dankbares Feld der ärztlichen Wissenschaft Hand in Hand
mit dem Physiker werden. In Paris fängt man an, die atmosphärischen
und klimatischen Faktoren wissenschaftlich und
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1924/0280