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Psychische Studien. LI. Jahrgang. 5. Heft. (Mai 1924.)
wie eine Quelle, die dem Erdinnern entspringt, dort als einzelne Wasserader
verschwindet, dort vielmehr alles vom Wasser umgeben isfe
und von ihm durchtränkt wird, so könnte es vergleichsweise auch hier
sein. Die tiefsten Schichten des Unterbewußtseins würden dann teilhaben
an einem nichtindividuellen oder überindividuellen Seelenleben
und dadurch eines Wissens teilhaftig werden können, das dem Individuum
als solchem unzugänglich, ja unbegreiflich ist. Nur bei seltenen
Individuen kommt aber das so erlangte Wissen zatage, eben bei den
Medien/*
Da, wie auch Tischner erwähnt, auch E. v. Hartmann von seiner
Philosophie des Unbewußten aus zu der Hypothese eines „Telephonanschlusses
im Absoluten", E. Becher in seinem Buch: Die fremddienliche
Zweckmäßigkeit der Pflanzengallen usw. von der Biologie aus, der
Neurologe Kohnstamm, der Neovitalist Hans Driesch zu der Annahme
eines überindividuellen Seelischen gelangten, so sind es, wie wir sehen,
nicht nur zwei, sondern eine ganze Anzahl von verschiedenen Punkten
ausgehender Gedankenreihen, die sich in dieser Erkenntnis treffen.
Hier möge iedoch als zweiter okkultistischer Forscher der Gegenwart
nur noch K. 0 e s t e r r e i c h zu Worte kommen, als einer der wenigen
deutschen Universitätsprofessoren, die bisher den Mut gefunden haben
zu dem Bekenntnis: „Es kann jetzt nicht mehr darüber gestritten werden
, ob wir innerhalb dieser Probien)sphäre überhaupt festen Boden
unter den Füßen finden werden, oder ob alles Illusion, Täuschung,
Betrug ist. Zu 2ahlreich und zu bestimmt sind die| Aussagen großer,
auf anderen Gebieten bewährter Forscher *)"
Oesterreich erörtert zunächst die Hypothese einer universellen
Telepathie aller Seelen, um dann fortzufahren (Grundbegriffe
S. 35): „Statt der eben entwickelten Hypothese läßt sich aber
noch eine andere aufstellen. Man kann nämlich, anstatt eine Ueber-
tragung der Erinnerungen einer jeden Generation auf die nächste! anzunehmen
, eine höhere Seele, sei es Gott oder eine geringere Seele,
etwa die Erdseele, annehmen und weiter die Hypothese aufstellen, daß
diese höhere Seele eine Kenntnis aller irdischen Vorgänge besitzt und
daß auch mit ihr ein telepathischer Konnex möglich ist. Dann wird in
der auf die ältere Vergangenheit gerichteten Telepathie sich der Para-
psychiker mit dieser höheren Seele in Konnex befinden, ähnlich wie
er in bezug auf die Dinge der Gegenwart mit lebenden Menschen in«
telepathischer Verbindung steht. Er wird sich dann auch bei Betrachtung
einer antiken Gemme etwa ihres Besitzers und etwaiger Gastmähler
erinnern, bei denen sie getragen wurde2). Es werden genau solcho
„Pseudoerinnerungen"' sein, wie sie vorhin angenommen wurden, nur
*) Der Okkultismus im modernen Weltbild. 2. Aufl. S. 148 S außerdem
desselben Verfassers Grundbegriffe der Parapsychologie. Möchte sieh
doch recht bald der Mann finden, der die Mittel für das von Oe. in Tübingen
geplante Zentralinstitut für Para*»pychologie spendet! In Paris besteht
schon längst ein Metapsychisches Instiut, in dem die bedeutendsten Gelehrten
Frankreichs arbeiten.
a) S. die Versuche bei Jos. Böhm S, 43 und v. "Wasielewski S, 183.
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