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Winkler: lieber System, experim. Erforschung medium., Phänomene. 331
haben können. Eine absolute Anerkennung erhalten die okkulten Erscheinungen
erst dann, wenn sie von jedermann, zu jeder
Zeit und an jedem Ort nach Belieben hervorgerufen
werden können.
Vorläufig müssen wir jedoch mit dem „Getäuschtwerden" und
auch mit der^Se^^ genau so, wie es im prak-
tischen Leben der Fall ist, wo wir es auch mit lebendem und psychischem
Material zu tun haben.
Jedenfalls bin ich stets bestrebt gewesen, dem Zustandekommen
der meinerseits beobachteten Erscheinungen je nach Möglichkeit direkt
oder indirekt nachzuspüren. Immer nur waren meine Gedanken darauf
gerichtet, wrie können wohl diese Dinge künstlich hervorgebracht
sein. Und so habe ich die seinerzeit erlebten okkulten Erscheinungen
akustischer und motorischer Art1) und bei einem und demselben Medium
nach jeder Richtung hin und einige Jahre hindurch verfolgt
und unter Berücksichtigimg evtl. möglicher Einwände durchforscht.
Diese gewissenhaft geprüften Erscheinungen haben noch heute, nach
über zwanzig Jahren, Gültigkeit, denn weder eine künstliche Nachahmung
noch eine entsprechende Deutung war bislang möglich.
Andererseits besteht die Erfahrung, daß wohl alle Medien sich
die Bequemlichkeit und Nachläßigkeit der Experimentatoren — oft
instinktiv — zu Nutze machen. Sie bringen dann Dinge hervor, die
für jene mehr oder minder sorglosen Beobachter gerade gut genug
sind. Und so kommt es sehr häufig vor, daß bei einem und demselben
Medium der eine Forscher vollkommen einwandfreie Erscheinungen
erlebt, der andere aber glaubt solche erlebt zu haben, die sich*
nachträglich als Täuschungsversuche herausstellen, und der dritte über-
haupt nur direkten Betrug erlebt.
Die Medien können aber gar nicht mehr wie bisher entlarvt wer.
den, denn ihr Wesen is|t längst hinreichend bekannt.
Es handelt sich bei sogenannten Entlarvungen nur noch um einen mehr
oder minder großen Selbstbetrug der Experimentatoren. Infolgedessen
ist es schon so weit gekommen, daß die Gelehrten und klugen
Untersucher sich melir für die Psychologie (Psychopathologie) der
okkulten Forscher, als »für die ^der Medien [und ihrer Phänomen!»
interessieren.
Es ist eine der größten Täuschungen zu glauben, Medien seien
gottbegnadete Wesen. — Sie teilen alle Eigenschaften mit denen der
gewöhnlich Sterblichen, abgesehen von ihrer anormalen Befähigung»
Schließlich richtet sich die ganze Frage bezüglich der verschiedenen
Täuschungsmöglichkeiten nach Inhalt und Wesen der entsprechenden
Bewußtseinszustände, unter denen die Medien befangen sind, die aber
heut noch nicht voll geklärt sind.
Ich hoffe, mit allen diesen Darlegungen und Erwägungen die
zeitgemäße Anwendimg der „Kavernen-Methode" genügend begründet
zu haben -
*) Vergl. Zeitschrift: „Die Uebersnmliche Welt" 1902, Hefte 3—12.
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