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Na^el: Zum Aufsatz „'s Liachtl."
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seit mehr aU einem Vierteljahrhundert jene liebliche Gegend zu ihrem
Tummelplatz erkoren hat. Sie unternimmt da ihre Wanderungen,
schweift in dem östlich von Berbenno gelegenen Gebiet umher, auf
einem kiesreichen, quellenlosen Landstrich von kaum i km Ausdehnung
. Das Licht zeigt sich oft, wenn es am wenigstens erwartet wird,
läßt aber auf sich warten, wenn sehnlichst nach ihm ausgeschaut wird,
oder verbirgt sich unter der Pflanzendecke. Ohne uns auf die Autorität
vieler Veltliner Zeugen zu berufen, wollen wir zur Bestätigung der
obigen Behauptungen nur folgende Beobachter anführen: Dr. L. Nagel
und K. Hellwig aus Berlin, Prof. Ant Schlachter aus München, Leutnant
z. S. Arturo Tasso aus Taranto, Gius. Galimberti aus Mailand.
Fast alle diese Herren haben ihre Beobachtungen veröffentlicht...
Die sog. „Flamme" von Berbenno zeigt sich in jeder Jahreszeit des
Nachts, zuerst in der Regel unterhalb des Bezirks Dusone, etwas über
V» km nach NNO von der Kirche zu Berbenno entfernt. Sie nimmt
dann ihren Weg auf der Straße, die unterhalb Dusone von Polaggia
(nordöstlich von Berbenno) her nach Berbenno führt. Sie erscheint
als Kugel, leuchtende Wolke, Stern, Kegel oder Lichtbogen in Farben,
die aus einem nebligen Weiß in Blau oder lebhaftes Rot übergehen.
Sie bewegt sich bald langsam, bald reißend schnell, springt empor
und läßt sich nieder wie ein elastischer Ball, der emporschnellt und
wieder herabfällt. Manchmal löst sie sich ohne Geräusch in der Luft
auf, häufiger, indem sie in den Boden zu verschwinden scheint. Jahreszeit
oder Stunde sind ihr gleichgültig; sie scheut nicht Regen, Nebel,
widrigen Wind oder den Vollmond, ist freilich bei dichter Finsternis
besser und deutlicher zu erkennen.
Ist sie bis zu dem von allen Seiten von einer Mauer umgebenen
Weinberge gelangt, der sich dicht vor dem Pfarrhause ausbreitet, so
übersteigt sie häufig die Mauer, ihren Rundgang zu vollenden, kehrt
dann auf demselben Wege wieder zurück oder wendet sich ostwärts
nach Postalesio, woher sie auch manchmal zu kommen scheint.
Zwischen dem Weinberge (Negri) und dem Pfarrhause liegt ein
freier Platz. Bisweilen übersteigt die schweifende Flamme nach dieser
Seite hin die Weinbergsmauer und erhebt sich vor dem Pfarrhause
bis zur Höhe der Fenster. Bei Annäherung von Menschen verschwindet
sie, erscheint aber ein Stück weiter von neuem. Noch nie hat man
sie im Augenblicke des Entstehens aus der Nähe betrachtet, und nie
hat man sie auf dem Friedhofe erblickt, der dicht bei dem Platze
vor der Pfarre liegt.
Es ist beobachtet worden, daß sie sich in mehrere Teile geteilt
hat, die sich dann wieder vereinigt haben. Auch zwei und mehr Flammen
hat man gezählt, die in nördlicher und in östlicher Richtung sich
zeigten.
Nicht nur in Berbenno, auch an anderen Orten haben sich ähnliche
schüchterne Lichterscheinungen sehen lassen. Wir weisen hin
auf den „fuoco di S. Bernardo" in Quargnento bei Alessandria, auf
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