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Vom Büchertisch
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mit demselben Erfolge angestellt worden, u. a. auch einmal in der
Höheren Polizeischule in Eiche bei Potsdam.
5. Der Sachverhalt der von Herrn Dr. Hellwig erwähnten Karte
«hat nicht den Sinn, den Herr Dr. Hellwig in seinem Artige! darlegt.
\!ch sollte damals ein Urteil abgeben über Herrn Dr. X bezüglich seiner
Erfahrungen auf dem Gebiete der Verwendung von Hellsehern bei
Polizeibehörden bzw. auf dem Gebiete von Telepathie, Psychometr'e
und Hellsehen überhaupt. Der erwähnte Dr. X ist jedoch Forscher auf
anderen Gebieten der Parapsycholosie. Herr Dr. Hellw'g wandte sich
damals nämlich an mich mit der B'tte, ihm bei den Vorarbeiten zu
einer wissenschaftlichen Arbeit über das Thema „Telepathie, Heisehen,
Psychometrie" behilflich zu sein (durch Angabe entsprechenden Tatsachenmaterials
).
16. Es entspricht nicht den Tatsachen, daß ich in Dessau irgendwelche
Schlüsse aus dem parapsychischen Phänomen gezogen habe;
insbesondere habe ich mich jedes Urteils über den weiteren Verlauf
der Voruntersuchung bzw. des Prozeßausganges enthalen und das
pteychometrische Faktum selbst bezüglich seiner Erklärung als Problem
behandelt, wenn auch das Phänomen als solches unantastbar
bleibt — trotz der von meinen Gegnern an mir entdeckten wissenschaftlichen
Unfähigkeit
7. Es hat in Dessau keine Hypnose der Versuchsperson
stattgefunden, und ich lehne es ab, für die unrichtige Stelle im
Zeitungsbericht verantwortlich gemacht zu werden.
8. Hellseherische Arbeit (unter Ausschluß psychometrischer Arbe'ts-
weise) ist mir auch bis heu4e nicht in so exakter Art bekanntgeworden,
daß man daraufhin — ohne anderes Material — einen Prozeß aufbauen
könnte.
9. Ich habe allerdings einmal in einem Brief an Herrn Reg;enmgsrat
Hagemann auf die Heranziehung von Medien in e'nigen we^td°utschen
Städten aufmerksam gemacht. Damals konnte ich die Buchte n'cht nachprüfen
, zumal ich erst kurz vorh%r aus einer sonst zuverläss'gen Quelle
informiert worden war. Ob die Polizeibehörden oder aber der Staatsanwalt
die psychometrischen Versuche hatte vornehmen lassen, ist mir
nicht mehr in Erinnerung.
10. Herr Dr. Hellwig kann unmöglich den Dessauer Drahtbericht
für einen Aprilscherz gehalten haben, da er nrch in seinem sehr freundlichen
Briefe vom 3. April 1924 zu Versuchen bei ihm in Potsdam
eingeladen hat.
Nachtrag. Wie wir erfahren, ist der beschuldigte Fleischermeister
Kirchner schon vor einiger Zeit aus der Haft entlassen worden. Wenn
sich der auf ihn gefallene Verdacht also auch nicht bestätigt hat so
bleibt das Experiment dennoch von starker Beweiskraft für die Telepathie,
da es sich ohne Zweifel um eine telepathische Einfühlung des Mediums
in die Psyche der Hauptbelastungszeugin Möller handelte, sodaß ersteres
während ihrer Angaben anscheinend ganz unter dem Einflüsse dieser,
sich als Verleumderin und pathologische Lügnerin erweisenden Person
gestanden hätte. Als Hilfsmittel für die Kriminalistik würde dieser Fall
demnach nicht zu bewerten sein. S.
Vom Büchertisch.
ArthurKrowfeM. Dr. med. et phil. in Berlin. Psychotherapie.
(Charakterlehre, Psychoanalyse, Hypnose, Psychagogik.) Verlag
Jul. Springer, Berlin, 1924. geh. 9 M., geb. 10 M.
Dieses ausgezeichnete neue Werk des bekannten Seelenforschers
und Seelenarztes verdiente eine eingehendere Würdigung, als sie ihm
an dieser Stelle leider zuteil werden kann. Es genügt zu sagen, daß
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