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Vom Bflchertisch
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Uebrigens betont der Autor, daß er die Sammlung nicht veröffentlicht
, um irgendeine These zu beweisen; er will nur auf Geschehnisse
hinweisen, welche, für sich allein genommen, allerdings nur beschränkten
wissenschaftlichen Wert besitzen, die aber an Bedeutung gew'nnen,
wenn man sie im Verein mit den anderen Gruppen der metapsychischen
Phänomene in Betracht zieht, welche sämtlich den wissenschaftlichen
Beweis des Fortlebens nahelegen.
Bozzano bespricht zuerst jene Fälle, in welchen die Erscheinung
von Verstorbenen nur von dem Sterbenden gesehen
werden und zwar von Personen, von deren Tod
der Sterbende Kenntnis hat.
Es liegt den Umständen gemäß nahe, diese Erscheinungen für subjektive
Halluzinationen des Sterbenden zu erklären. Man
begreift, daß die Gedanken desselben sich mit Personen beschäftigen,
die ihm nahegestanden waren und ihm ins Jense ts vorausgegangen
sind. Aber man fragt sich vergeblich, warum nicht auch Phantome
Lebender erscheinen, an welche der Sterbende gewiß ebenfalls
denkt oder sie selbst herbeisehnt? Niemals erscheinen Lebe-ide und
was noch merkwürdiger ist, wenn der Sterbende Worte an Phantome
•richtet, von welchen man glaubt, daß sie noch im Leben sind, so stellt
sich nachträglich stets heraus, daß es Verstorbene waren, die
kurz vorher starben ohne daß der Sterbende oder die Anwesenden es
erfahren hatten!
Auffallend ist ferner, daß Sterbende sich oftmals überrascht zeigen,
daß die Erschienenen wie lebende Menschen aussehen, während sie
nach vorgefaßten Meinungen annahmen, es erschienen ihnen Engelsgestalten
mit Flügeln. Bozzano schließt daraus, daß es sich unter
diesen Umständen um veridike Erscheinungen Verstorbener handelte
und nicht um „pathologische Halluzinationen". —
Aber es ergeben sich noch weitere Komplikationen auf dem Gebiete
dieser Erscheinungen. Der $utor führt Fälle an, in weichen die
Erscheinung, welche sich im Moment des Todes einstellte, schon früher
dem Perzipienten sich gezeigt hatte und sogar ihr Wiederkommen in
der Sterbestunde angekündigt hatte. In einem FaFe war das am
Totenbett erschienene Phantom das einer mediumistischen Persönlichkeit,
welche sich früher dem Perzipienten mittels automatischer Schrift
manifestiert hatte. Autosuggestion kann sicher manches Phänomen
dieser Art erklären, aber nicht solche Fälle, deren supranormale Natur
evident erscheint.
In eine zweite Klasse faßt Bozzano jene Fälle zusammen, in
{welchen die Erscheinungen von Verstorbenen zwar nur von dem
iKranken gesehen werden, aber Personen betrefft, deren Tod
dem Kranken nicht bekannt ist Es sind hier Fälle aufgeführt, in
welchen die übrigen Anwesenden von dem Tode jener Personen
Kenntnis haben und Fälle, in welchen auch die Anwesenden n'cht wissen,
daß jene Personen nicht mehr am Leben sind. In all diesen Fällen
kann man an subjektive Halluzination denken auf Grund e.ner telepathischen
Beeinflussung, sei es nun durch die Anwesenden, oder aus
der Ferne durch andere.
Indes sind auch Fälle bekannt und von dem Autor zitiert, in welchen
die telepathische Hypothese an Wahrscheinlichkeit verliert. So z. B.
wenn keine sympathischen Beziehungen zwischen dem Agenten und
Perzipienten bestehen, also das charakteristische Merkmal der Telepathie
fehlt; oder wenn der Agent die halluzinatorische Vision einer
anderen Person und nicht, wie das fast immer der Fall ist in spontaner
Telepathie, seine eigene Person überträgt.
In eine dritte Klasse vereinigt der Autor Fälle, in welchen
•ajuch andere Personen, kollektiv mit dem Sterbenden, dasselbe
Phantom eines Verstorbenen sehen. Diese Beispiele sind von großem
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