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Grunewald: Die Materialisation der mediumistischen Energie. 393
die eine seiner Erstlingsarbeiten ist auf dem Gebiete, dem er! sich inzwischen
gänzlich verschrieben hat. Das was er dem Experimentator
von damals heute vorzuwerfen hat, ist die Dürftigkeit gewisser Erörterungen
negativer Art bei Gelegenheit entscheidender Festste Hungen.
Dieser Mangel tritt bei Durchsicht der Protokolle auf, die eingehende
physikalische und versuchstechnische Auseinandersetzungen neben den
ausführlichen Talsachenberichten enthalten, sich aber an verschiedenen
Stellen zu wenig mit den durch ^gemeinen Betrug gegebenen Möglichkeiten
beschäftigen, trotzdem der Vortragende damals viel über diesie
Möglichkeiten nachgedacht und sie im übrigen auch berücksichtigt hat,
wie durch Zeichnung der Zuckerstücke und Anspannung der Aufmerksamkeit
beim Beobachten, bis er zuletzt — im vorliegenden Falle leider
zu spät — dazu kam, registrierende Methoden einzuführen.
Und so ist es noch ein andrer Umstand, der den Vortragenden mit
Bedauern erfüllt in Hinsicht auf den Wunsch, daß seine Arbeit und
seine Schlußfolgerungen überzeugend wirken möchten. Dies ist die
durch die Entwicklung der vorliegenden Untersuchungen für ihn gewonnene
Erkenntnis, von der oben schon einmal gesprochen wurde,
nämlich die der Bedeutung der Wechselwirkungen zwischen der psychischen
Einstellung des Experimentators und der Versuchsperson. Dieses
ebenso auf suggestiven wie auf rein telepathischen Momenten beruhende
Verhältnis ergibt in Verbindung mit den Besonderheiten der
medialen Veranlagung die bedingte Möglichkeit, durch die Versuchsperson
letzten Endes jede vom Experimentator vertretene Hypothese
experimentell bestätigt zu erhalten,, Diese inzwischen auch von andern
Forschern (leider aber z. B. nicht klar genug von Crawford) erworbene
Einsicht*) besitzt ja aber nun gerade die Schwäche«, daß sie in den
Händen, der durch entsprechende Erfahrungen noch nicht geschulten
Skeptiker gänzlich bedeutungslos wird, ja sogar zu einem Argument
sich verändert, welche diese mit Erfolg benutzen können, um ihre Betrugshypothese
zu stützen. Denn die Anpassung des Charakters der
Phänomene an die Anschauungsweise des Experimentators ist ihnen der
klarste Beweis dafür, daß die Versuchsperson betrügt und dies mit
bestem Erfolg zu tun bestrebt ist, welchen sie am leichtesten finden
muß durch Eingehen auf die Denkart ihres Partners.
In Verbindung mit diesen Betrugserörterungen sei nun folgendes
bemerkt: Während der Jahre, in denen die Versuche stattfanden, war
der Vortragende durch ein enges Freundschaftsverhältnis mit der Ver-
*) Auf dem Kongreß gab diese Erkenntnis ja Anlaß zu einer sehr angeregten
Diskussion, in welcher sich der Vortragende zusammenfand mit
Herrn Lebiedzinski-Warsehau, der in seinem Vortrag „1j ideoplastie eomme
hypothäse directrice des etudes metapsychiques*4 d*»n gleichen Grundgedanken
ausgesprochen hatte. Die Diskussion gab dem Vortragenden
Gelegenheit zu einer sehr sympathisch aufgenommenen längeren Ausführung
seiner. Anschauungen, wobei er die durch die Psyche des Mediums in Anpassung
an die Wünsche des Experimentators zu einer gewissen widerspruchsvollen
Großartigkeit aufgebauschten Phänomene als ,.Theaterphäno-
mene" bezeichnete.
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