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rung alles das übergangen habe, was im Gegensatz zu den früheren
Aeußerungen heute bereits der Vergangenheit angehöre. Und gerade
hierauf lege ich bei der Beurteilung dieses Falles den Ilaupiwert.
Ist auch dab dreimalige Hervorziehen des mit 7 bezeichneten Pfeiles
ungewöhnlich, so sehen wir Aehnliches nicht gar so selten als Zufallsspiel
auch am Roulettetisch. Daß die Priester aber bei dieser dreimaligen
Befragung, zwischen der jedesmal eine Reihe von Jahren
lag, stets zwischen Vergangenheit und Zukunft zu unterscheiden wußten
, beweist, daß sie nicht etwa stumpfsinnig nach ihrem Zauberbuch
orakelten, sondern eine lebendige Vorstellung von dem hatten, was der
ßefrager erlebt hatte und was ihm noch bevorstehen sollte. Ganz abgesehen
von der bereits erfolgten zweimaligen Erprobung der Richtigkeit
ihre/ Vorhersagungen.
Sollten wir nicht berechtigt sein, auch diesen Fall einer hellseherischen
Fähigkeit zuzuschreiben?
Zum Schluß möchte ich noch eine Notiz aus dem Werke; „An
Asiens Küsten und Fürstenhöfen" von Leopold von Jedina (Wien und
OJmütz 189J, Hölzeis Verlag, Seite 6i3) anführen, die sich auf eine
almliche Erfahrung in Amoy bezieht:
„Man läßt sich wohl durch einen hierzu abgerichteten Vogel
die Auswahl zwischen mehreren mit Nummern versehenen Marken
treffen. Die derart gefundene Glückszahl wird dem Wahrsager eingehändigt
. Dieser befragt damit das mysteriöse Orakelbuch und händigt
sodann die Schicksalsspende, auf einem Papierstreifen angefertigt,
dem Kunden ein. Jedenfalls gehört viel Menschenkenntnis und Geschicklichkeit
dazu, um immer einigermaßen passende Antworten zu
geben, da man sich die an das Orakel gestellte Frage nur denkt,
keineswegs aber dem Wahrsager bekanntgibt. Wir waren jedenfalls
verblüfft, auf die unter uns ausgemachte, aber nicht ausgesprochene
Frage, ob wir den eben signalisierten Taifun in See treffen würden,
die Antwort zu erhalten, daß, wejnn wir in den nächsten zwei Tagen
auslaufen wollten, wir einen schweren Sturm zu bestehen haben würden
.*1 Gedankenlesen?
Physiognomie der kttnsterischen Begabung.
Es gibt Fälle, wo sich auf die bloße Vorstellung hin plötzlich an
irgendeiner Körperstelle Hautveränderungen bilden. Viel bemerkenswerter
noch als die wiederholt untersuchten Fälle von Stigmatisation ist
das Problem der eingebildeten Schwangerschaft. „Die weitgehende Beeinflußbarkeit
des Körpers durch den Geist bei den Melanesiern", schreibt
der Forscher Rivers, „führt dazu, die vornehmlichste Ursache ihres Aussterbens
im Verlust ihres Lebensinteresses zu sehen." Der französische
Psychologe Charles Baudouin bezeichnet direkt die Einbildungskraft als
jene Potenz, die nicht nur im BerelJi unserer Gedanken, Gefühle und
Wünsche ihre Wirkung entfaltet, sondern durch unsichtbare Arbeit am
Stoft oder Getriebe unseres Körpers auch die greifbarsten Wirklichkeiten
ins Leben ruft: etwa dadurch, daß sie den Körper nach dem Maß
ihrer Wünsche in grobsinnlicher Weise organisch verändert.
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