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KUnkowstroem: Indische öauklerkünste.
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bestand. Zweierlei Gründe waren es, die Veranlassung zum Aufhören
gaben. Erstens wurden fast bei jedem Versuche die Nerven des Mediums
stark angegriffen, so daß völlige Erschöpfung folgte, und zweitens
waren die „Offenbarungen", selbst wenn sie sich als richtig erwiesen
(was nicht immer der Fall war!), keineswegs derart überwältigend
, daß sie den Verbrauch an Zeit und Kraft gerechtfertigt hätten.
Besonders, wenn die „Offenbarungen" sich auf religiöse Dinge bezogen
, war ihr Inhalt so naiv, so platt, so nichtssagend, daß man nur
ihre Primitivität bestaunen konnte. Das gleiche gilt übrigens auch
für die „astralen Erfahrungen" Swedenborgs und für die Weisheiten
des „Segenbringers" in Dinters „Sünde wider den Geist". Wenn es
hoch kommt, so handelt es sich um biblische Redewendungen. UeBer-
haupt ist gegen solche „Geistesmitteilungen", Visionen und dergleichen
das stärkste Mißtrauen angebracht. Es erscheint mehr als zweifelhaft,
daß solche Dinge mit wirklicher Religion etwas zu tun haben1). Es
wäre in der Tat auch traurig genug um die Religion bestellt, wenn
man zu ihren Erkenntnissen auf der Treppenleiter spiritistischer Experimente
gelangen könnte. So verborgen auch die religiösen Dinge
an sich sein mögen, so ist doch ein starker Trennungsstrich zu machen
zwischen Religion und Okkultismus. Die okkulte Wissenschaft kann
nie di<3 Religion ersetzen, und darum ihr auch nie im tiefsten Grunde
gefährlich werden. Keyserling hat recht, wenn er in seinem „Reisetagebuch
" sagt: „So wünschenswert ich es finde, daß die okkulten
Kräfte, soweit es sie gibt, möglichst genau und eingehend studiert
werden — der Gewinn wird der Wissenschaft, nicht der Religion und
dem Leben zugute kommen. Uefeersinnliche Erkenntnis ist spirituell
nicht bedeutsamer als sinnliche, und die „Geheimwissenschaft" als
Religion oder als Weg zu ihr, wie sie von den meisten Theosophen
angesehen wird, ist keinen roten Heller mehr wert als die energetische
Weltanschauung Wilhelm Ostwalds."
Indische Gauklerkünste.
Nachträge.
Von Graf Carl v. Klinckowstroem.
(Schluß)
Daß Agamaya Guru Paramahamsa sich im Jahre iqo3 in Oxford
aufhielt undl schon bei einem früheren Aufenthalt in Oxford van dem be-
kannten Indologen Max Müller auf seine Fähigkeit, den Herzschlag
völlig zimi Stillstand zu bringen, geprüft worden war, habe ich bereits
in meiner eingangs erwähnten Broschüre „Yogi-Künste" (S. 29)
erwähnt.
Aehnlichen, nur viel sensationeller aufgemachten Berichten von
den wunderbaren Fähigkeiten der Yogin begegnet man in einer Anzahl
von Broschüren, denen keinerlei wissenschaftlicher Wert beizu-
*) Vgl. Näheres zu diesem Thema in meinem Bache „Beligion und
Suggestion", Verlag Mahrhold, Halle 1922.
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