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Tischner: Stainton Moses
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auf Nachforschungen in New York hin als richtig erwiesen. Nun wird
aber in diesem Falle nicht angegeben, wann das im August gewesen
ist, es ist also nicht unmöglich, daß diese Nachricht schon nach Europa
gekommen war und sie Moses in irgendeinem Blatte gelesen hatte.
Nur wenige Fälle scheinen anders zu liegen, wie der von „Blanche
Abercrombie" und der von dem Präsidenten Garfield. Im ersteren
Falle erhielt Moses die Nachricht automatisch, als die Kunde von
ihrem Tode, der auf dem Lande erfolgte, selbst die nächsten Freunde
in London noch nicht erreicht hatte, und zwar soll die Handschrift
ganz der Verstorbenen geglichen haben, die Moses seiner Angabe nach
nie gesehen hat. Vom Tode des Präsidenten Garfield erhielt Moses
die Kunde automatisch einige Stunden, bevor die Nachricht Bedford,
wo er wohnte, erreichte. Beide Fälle aber verlieren ihren entscheidenden
Wert, da wir nur auf Moses eigenes Zeugnis angewiesen sind,
Damit ist nicht gesagt, daß alle diese Nachrichten unecht sind, aber
es ist doch sehr auffallend, daß in fast allen Fällen die Möglichkeit
(•esleht, oder sogar naheliegt, daß Moses die Nachrichten aus Zeitungen
und dergl. erhalten haben kann. Besonders auffallend ist in
der Beziehung der Fall mit dem Fuhrmann, er ist der einzige, bei dem
nicht der Name gegeben wird, und in der Tat* enthält auch die
Nachricht, die Moses von diesem Unfälle Kunde geben konnte, keinen
Namen, im Gegensatz zu den Todesanzeige« der andern Fälle.
Zur Erklärung bestehen im wesentlichen drei Möglichkeiten. Entweder
hat Moses bewußt betrogen, oder er hat sidh diese Kenntnisse
in einem zweiten Bewußtseinszustande verschafft, ohne daß sein normales
Oberbewußtsein etwas davon wußte, drittens kann, es sich um
Kryptomnesie zufällig im normalen Bewußtseinszustande gelesener
und wieder vergessener Dinge handeln, wie es beim Ueberfliegen von
Zeitungen uns allen vielfach geht, allerdings ohne daß es in einem
veränderten Bewußtseinszustand oder Ausübung eines Automatismus
wieder emporsteigt ans Tageslicht oder endlich sind es übernormale
Geschehnisse, wobei auch wiederum zwei Möglichkeiten in Frage kommen
, indem es auf Telepathie und Hellsehen beruhen kann, oder auf
Mitteilung durch Geister.
Myers nimmt in durchaus bejahendem Sinne zu den Leistungen
von Stainton Moses Stellung, und zwar sieht er in den Botschaften
sehr für den Spiritualismus sprechende Tatsachen (siehe auch
„Spiritualism in psychical research" von Arthur L i 11 i e , Manchester,
1910); wesentlich anders ist die Ansicht von Podmore, der Stainton
Moses überhaupt alle mediale Fälligkeiten absprechen will. Er
meint nun allerdings nicht, daß Moses bewußt betrogen habe, das sei
wenig wahrscheinlich und man sieht in der Tat nicht ein, warum
Moses, ein angesehener Mann in gesicherter Stellung, so hätte handeln
sollen, er hätte dadurch nichts gewonnen, aber alles, nämlich seine
Ehre, verloren. Podmore kommt deshalb zu der Meinung, daß bei
Moses eine extreme Persönlichkeitsspaltung vorgelegen habe, so daß
die linke Hand nicht wußte, was die rechte tat. In der Tat kann diese
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