http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1924/0462
436 Psychische Studien. LI. Jahrgang. 7. Heft. (Juü W24.)
Buch über Spuk Grabinski zustimmt, wenn er fordert, daß man sich
gegen die okkulten Phänomene des Spuks und der Geisterersdheüumgen
nicht länger mehr ablehnend verhalte und in dieser Hinsieht eine Revision
seiner Ansichten vornehme."
Ein merkwürdiger Wahrtraum.
Von Studienrat Dr. Friedrich Windolph-Stettin.
In der Nacht vom 27. zum 28. Dezember 1923 hatte meine Frau
folgenden Traum (vgl. dazu beiliegende Situations-Skizze):
Sie befand sich auf dem Dampfer, der den Verkehr zwischen
Stettin und dem Vorort Gotzlow vermittelt, ^uf der Fahrt oderabwärts.
Es war Winter; Eisfläche und Eisschollen bedeckten den Fluß. Plötzlich
— es war kurz hinter Frauendorf — entstand allgemeine Aufregung
, und es hieß, zwei Damen seien ins Wasser gefallen. Rechtzeitige
Rettung war unmöglich, wobei das Eis eine Rolle zu spielen
schien. Eine der Verunglückten wurde nach einiger Zeit auf Deck ge-
bracht. Es schien meiner Frau, als sei es Frau Studienassessor Dahms.
Der Unglücksfall war deshalb besonders tragisch, weil der Kapitän des
Schiffes als der Vater der verunglückten Frau bezeichnet wurde. (In
Wirklichkeit sind die Familienverhältnisse der Frau Dahms, die meine
Frau nur vom Ansehen kennt, letzterer völlig imbekannt.) Während
meine Frau sich über die Wirkung des Vorfalls auf die Angehörigen
trübe Gedanken machte, erkannte sie mit plötzlichem Erschrecken,
daß die Verunglückte nicht Frau D., sondern Frau Studienrat Pantel
war. Unmittelbar darauf war der Traum durch Erwachen zu Ende.
Von der zweiten Verunglückten kam nichts mehr im Traum vor.
Meine Frau, die weder abergläubisch noch phantastisch ist, auch
nur sehr selten lebhaft träumt, legte dem Traum zunächst keine Bedeutung
bei. Am Abend des 28. Dezember aber, fanden wir bei der
Rückkehr von einer Besorgung in der Abendzeitung die Todesanzeige
des Studienrats Pantel. Aus dieser ging nur hervor, daß P. am Abend
des 27. Dezember, das Opfer eines schrecklichen Unglücksfalles geworden
sei. Nähere Umstände waren nicht angegeben. Unter dem Ein-
druck der Anzeige erzählte mir meine Frau den Traum mit allen oben
angegebenen Einzelheiten. Als ich am nächsten Tage (29. Dezember)
Erkundigungen einzog, waren Einzelheiten über den Vorfall nicht zu
erfahren.* Ich erfuhr nur, daß P. durch Berühren einer elektrischen
Starkstromleitung umgekommen sei, und das schien darauf hinzp;
deuten, daß dem Traum hellseherische Eigenschaften von Bedeutung
nicht zukämen. Erst am Tage des Begräbnisses (3i. Dezember) erfuhr
ich' von einem Freunde des Toten, Pastor Schröder (Stettin), den genauen
Verlauf, und Hadurch kam der Traum in ein ganz eigenartiges Licht.
P., Mitglied eines Segelklubs, hatte am 27. Dezember, auf dem
Frauendorf gegenüberliegenden Holzhof, der seinem Schwiegervater
gehört, mit zwei Klubfreunden einen* Segelschlitten gebaut und ihn
mit Stahlmast und Stahltrosse zum Aufziehen des Segels versehen.
Nach Fertigstellung des Schlittens sollte trotz eingetretener Dunkelheit
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1924/0462