http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1924/0556
528 Psychische Studien. LI. Jahrgang. 9. Heft. (September 1924.)
Enquete an diese zu richten zum ausschließlichen Zwecke ihrer Information
über die beste Methode der Heranziehung untersuchungswerter
Versuchspersonen zu methodologisch gesicherten parapsychischen Experimenten
. Dieser Weg internationalen wissenschaftlichen Austausches
hat ja schon oft auf verschiedenen Gebieten zu Erfolgen geführt.
Nachtrag bei der Korrektur: Leider ist kaum zu hoffen,
daß einer solchen Anfrage der Leiter des Psychologischen Instituts
der Technischen Hochschule in Danzig sich wird anschließen wollen;
denn er gibt den Lesern des „Berliner Tageblatts" soeben (19. August
1924) in seinen „S c h 1 u ß f o 1 ge r u n g e n" zu einer „Selbst-
entlarvung des Mediums" (es handelt sich um einen russischen
Amateur-Taschenspieler) deutlich kund, daß er u. a. auch von
der Telepathie nichts halte, und wer daran glaube, für ihn nicht
mehr „Subjekt, sondern Objekt der Forschung" sei.
So hätte er schließlich nun doch wohl einen Grund, sich mit seinem
New Yorker psychologischen Spezialkollegen — als einem besonders
geeigneten „Objekt der Forschung" in Verbindung zu
setzen; denn: „die Professoren der anderen Fächer,
der 31 e d i z i n , Philosophie oder Naturwissenschaft
fallen (nach Henning) reihenweise herein."
Geheimnisse der Vorzeit*).
Von Dr. Edgar Dacque,
Prof. der Geologie und Paläontologie an der Universität München,
Kustos der Akademie.
Auf eine uns heute verständliche Formel gebracht, bedeutet Na-
tursichtigkeit jenen sich mit der Dämonie nahe berührenden seelischgeistigen
Zustand, vermöge dessen ein lebendes Wesen — nicht nur der
Mensch — einer Kenntnis, eines Schauens, Fühlens oder Ahnens der
in, zwischen und über den Dingen und Wesen der physischen Nalur
waltenden und webenden Beziehungen teilhaftig ist. Beispielsweise der
Fähigkeit, kommende Naturereignisse, auch unbedeutendster Art, oder
schon die Ankunft eines Freundes vorauszufühlen, oder in einem Antlitz
und einer Augenbewegung eines Menschen unmittelbare Sicherheit
über seinen Charakter oder über den bis dahin verhüllten Sachverhalt
eines Geschehnisses zu erlangen, womit er verknüpft ist, wie es so überwältigend
Dostojewsky im „Raskolnikovv" darbietet — das alles bedeutet
: natursichtigen Sehens teilhaftig zu sein. Dieses unterscheidet sich
in seiner einfachsten, abgeschwächtesten Form zunächst nicht viel von
dem, was wir jetzt hellsichtig nennen. Natursichtiges Können dagegen
ist die Fähigkeit, auf Grund solchen Sehens und Wissens Ein-
*) Aus dem im Verlag R Oldenbourg erschienenen Buch des Münchner
Paläontologen Daeque, dem Dr. Manfred Schröter in der vorliegenden Ausgabe
einen Artikel widmet, geben wir aus dem Kapitel ,,Natursichtigkeit
als ältester Seelenzustand" einen Auszug wieder — einige charakteristische
Gedankengänge Dacques.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1924/0556