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Hof mann: Was heißt „Sensitiv"?
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In meiner Arbeit „Wünschelrute und siderisches Pendel*' (Okkulte
Welt, Heft 23/24. Verlag Johannes Baum, Pfullingen) nehme ich für
den Rutengänger den Sitz dieses Organs in der Stirnhöhl© an. Ich
sagte dort (Seite 32) nach meinen Ausführungen über die statische
Elektrizität der Luft und ihre Beeinflussung durch die Gamma-Strahlen:
Von vornherein ist wohl anzunehmen, es — das betreffende
Sinnesorgan zur Aufnahme von elektrischen Spannungsunterschieden
— werde sich an der höchsten Stelle des menschlichen Körpers befinden
, weil dort die Spannungsunterschiede am größten sein müßten,
also leichter zu empfinden sein werden. Auch glauben wir keinen
Fehlschluß zu machen, wenn wir es am Vorderteile des Kopfes*) annehmen
, weil durch Gewohnheit wir mit diesem voran uns fortbewegen
und weil alle Sinnesorgane sich auf der Vorderseite des
Menschen befinden, oder dort am besten ausgebildet sind.
Und da scheint die Stirnhöhle das geeignetste Organ dafür zu sein.
Es enthält ein reiche» Nervensystem, für welches man zur Zeit keinen
rechten Zweck mehr anzugeben vermag und nur lehrt, es seien vielleicht
die Ueberreste der Organe des Auges, das in früheren Epochen
der Menschengeschichte diese Stelle eingenommen haben soll und
dessen Reste man in der Zirbeldrüse vermutet. Und warum sollte auch
das Auge des Vorläufers des (heutigen) Menschen nicht für weit mehr
Strahlungen, besonders solche elektrischer Art, die bekanntlich prinzipiell
von denen der Lichtempfindung kaum wesentlich unterschieden
sind, empfindlich gewesen sein und nicht nur für die für uns heute
alles allein sichtbar machenden Wellenbewegungen des Aethers?
Müssen doch in jenen Urzeiten $ie Emanationsströme auf der Erde
und noch mehr in den Wässern ganz bedeutend kräftigere gewesen
sein, als die heutigen es sind und wird wohl zur Erhaltung der Art es
erforderlich gewesen sein, zu kräftige Emanationswirkungen meiden zu
können. Diese zu erkennen mußte sicherlich ein Organ vorhanden sein.
Seine Rudimente haben wir am Vorderkopfe zu suchen, weil im
damaligen Amphibienzustande (?) unseres Vorläufers und dessen wahrscheinlichem
öfteren Wasserleben der Kopf, noch mehr als heute,
bestimmt sein mußte, Organe zur Erkennbarmachung von Gefahren-
momenten zu enthalten.
Heute noch sind zahllose Menschen für elektrische Einwirkungen
empfindlich. Besitzen doch viele eine ausgesprochene Gewittervorem-
*) Und warum sollte nicht auch der Kopf auf Elektrizitätsempfindung
eingestellt sein? Hat doch kein Geringerer als Heinrich Hertz auf der
Heidelberger Naturforscherversammlung 1889 den Ausspruch getan: „Unser
Auge ist in Wahrheit ein elektrisches Organ." Unser Gehirn ist
ein geradezu ideal zu nennender elektrischer Apparat, auf das beste geeignet
, die von der Netzhaut aufgenommenen und ihm mittelst des Sehnervs
zugeleiteten elektrischen Reizungen in Empfindung umzusetzen. Es
ist ein wahrer Kondensator elektrischer Energie und sein Bau isolierende
Membran zwischen leitenden Flüssigkeitsschichten, geradezu vorbildlich für
technische Ausführung. Aber nur für ganz geringe Spannungen ist sein
Bau berechnet und höhere Spannung muß ihm fühlbar werden und seinen
Besitzer warnen, es einer Ueberbelastung auszusetzen.
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