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Schröter: „Pseudo-Entlarvungen"
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Eine daraufhin im Frühjahr d. J. direkt an Dessoir um leihweise
Ueberlassung seines Artikels brieflich ausgesprochene Bitte
P. Sünners blieb unbeantwortet, so daß sich nunmehr Bruck
genötigt sah, diese Bitte im eingeschriebenen Briefe zu wiederholen.
Jetzt erst stellte Dessoir Bruck anheim, sich mit ihm über eine
Zeit zu verständigen, da er bei ihm den fraglichen Artikel einsehen
wolle. Erst im Laufe des Tbe treffenden späteren Besuches nach einer
recht „angeregten" Unterhaltung entschloß sich Dessoir, sich soweit
von dem Artikel zu trennen, um Bruck eine Abschrift zu ermöglichen
.
Es ist hiermit festgestellt, daß Max Dessoir sich nicht
gescheut hat, die aller schimpflichsten Angriffe gegen
deutsche Wissenschaftler und Akademiker in einer
Prager Tageszeitung erscheinen zu lassen, und zwar nicht nur,
ohne den in den Kreisen der Fachforschung ohne weiteres kenntlich
gezeichneten Personen (siehe Moll I., S. 4o) einen Einblick zu
sichern, sondern indem er seine Einsichtnahme schließlich, nach der
„Entdeckung", zunächst noch tunlichst erschwerte. Dieses
Verfahren stellt unter Wissenschaftlern ein Novuin dar.
In seiner Arbeit: „Vom Jenseits der Seele", II, 4- und 5. Aufl., Verlag
Ferdinand Enke, Stuttgart) hat Dessoir die an sich gewiß einwandfreie
Gepflogenheil, von dem, „was er zu bieten vermag", „persönliche
Erfahrungen" „im Wortlaut der ersten Veröffentlichung" abzudrucken
(S. IV). Sollte es das wirklich sein, sollte Dessoir diese
Verborgenheit der Veröffentlichung absichtlich gewählt haben, um sich
später auf sie als auf ein fait afccompli beziehen zu können? Denn,
wie die weitere Kritik ergibt, die Betroffenen hätten auf Grund des
Pressegesetzes § 11 sofort eine „Berichtigung", welche MaxDessoir
der Unwahrheit überführt hätte, erscheinen lassen können!
Ob aber im „feindlichen" Auslande h^rbeiführbar, ist gewiß fraglich,
jedenfalls nach Jahr und Tag nicht mehr. Sonderbar, schon
diese Geschichte der Kenntnisgewinnung von jenem beleidigenden
Feuilletonartikel seitens der Betroffenen stellt den „Wissenschaftler"
Dessoir in e i n höchst eigentümliches Licht, das sonst
nicht im Rahmen wissenschaftlicher Gepflogenheit zu sehen gewesen
ist. Dieser ernste Vorwurf wäre gegen Max Dessoir bereits zu erheben
, wenn er seine Kritik auf wahrhaftigen Voraussetzungen begründet
hätte. Er hat sie aber auf Unwahrheiten, welche
ihm wenigstens in allemWesentlichen als solche bekannt
sein mußten, gebaut! Um die Berechtigung dieses Vorwurfes
gegen Max Dessoir nachweisen zu können, muß ich zunächst
mit dem fraglichen Gegenstande bekanntmachen. Da ich mich
auf die betreffende Einleitung des D e s s o i r sehen , JBohemia"-Ar~
tikels doch noch mehrfach beziehen muß und sie sonst außerdem einzufügen
hätte, gebe ich diese hierfür wieder:
Dessoir war nach seiner Darstellung „zu Ohren gekommen,
daß bei der Tochter eines Berliner Gelehrten außer Tischerhebungen
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