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562 Psychische Studien. LI. Jahrgang. 9. Heft. (September 1924.)
gerade von hier aus die esoterische Anschauung beachtenswert, daß das
Ziel unseres irdischen Lebens das ist, schon während des physischen
Lebens zum Einheitsbewußtsein mit dem Unendlichen zu gelangen.
Oewiß hat K. recht, wenn er als Grundbedingung zumal des esoterischen
Okkultismus eine gewisse innere Veranlagung des Menschen
annimmt. Aber daß der Darmstädter Philosoph den Satz aufstellt, daß
nur der „geborene Heilige" nach Heiligkeit streben solle und daß ein
vollkommenes Tier (!) spiritueller sei als ein unvollkommener Okkultist,
bedeutet eine Verengung des Menschheitsproblems, zu der wir nach dem
heutigen Stand der okkulten Frage nicht berechtigt sind. Einstweilen
ist nur dieser gegeben und nicht die Antwort — so wird das ßtreben
auch weiterhin der beste Teil der Menschheit bleiben, und der einzelne
muß sich den Weg selbst suchen, den er in dieser Hinsicht zu gehen
hat. __H. Hänig.
Kleine Mitteilungen.
Der Fall Erto« ,JDie Diskussion im Falle Erto is* eröffnet*' — so
schloß ein in den „Psychischen Studien" (Juliheft 19?4, S. 438/39) aus
der Tagespresse abgedruckter Artikel. Die Diskussion ist bereits wieder
geschlossen Im Institut Metapsychique des Dr. Geley gelangen Experimente
mit Erto stets mit glänzenden Ergebnissen, von denen Geley in
seiner Revue metapsychique" berichtete. Als aber einmal eine Sitzung
im Radium-Institut (tue Pierre-Curie) stattfand, fanden die Unter-
sueber nach der Sitzung im Ausguß der von Erto benutzten Waschvorrichtung
ein Stückchen Cereisen, d. i. ein Metall, das durch seine Verwendung
bei Feuerzeugen allgemein bekannt geworden ist. Dr. Geley
sah sich daraufhin veranlaßt, im „Matin" vom 7. April erie Erklärung
abzugeben, worin er wohl oder übel seine Zweifel an der Echtheit der
Phänomene Erlös zum Ausdruck brachte. Erto hatte die Dreistigkeit,
sich daraufhin zu seiner Rehabilitierung der Redaktion des genannten
Blattes zu einer Reihe von Sitzungen zur Verfügung zu stellen, und
diese ging bereitwillig darauf ein. Eine Untersuchungskommission,
bestehend aus A. Berne (Elektriker), Dr. A. Bloch (Mediziner), M. Gar-
gon (Jurist), P. Heuze (Schriftsteller), Ch. Lormand (Chef des Laboratoriums
der Faculte der Pharmacie), Marcotte (Ingenieur-Chemiker),
Dr. G. Maingot (Elektroradiologe) und Dr. J. Vinchon (Psychiater),
hielt im April und Mai 1924 fünf Sitzungen mit Erto ab, die mit einer
einwandfreien Feststellung des bewußten Betruges endeten. Der sehr
lehrreiche Bericht ist veröffentlicht in der Pariser Wochenschrift
„L'Opinion", Nr. 5o vom 23. Mai 1924, und Paul Heuze hat anschließend
in der folgenden Nummer einen erläuternden Kommentar
dazu gegeben. Dieser Bericht verdiente eine ausführliche Wiedergabe
schon wegen der sehr sorgfältigen Art, wie die Untersuchungen angestellt
wurden. Raummangel gestattet uns nur einen kurzen Hinweis
auf das Ergebnis. Man fand bei Erto mehrere Cereisen-Teilchen und
Stückchen von Metallfedern, mit denen er, das Geräusch durdh
keuchende Hustenstöße verdeckend, seine „Blitze" erzeugte. Auch der
Trancezustand wurde als simuliert festgestellt. Als man dem deprimierten
„Medium" die Frage nach der Herkunft der corpora delicti
vorlegte, fand er keine andere Ausrede als „ich weiß nicht."
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