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566 Psychische Studien. LI. Jahrgang. 9. Heft. (September 1924.)
Zeitschriftenrundschau.
In der „.Zeitschrift für Psychologie" Bd. 94 (Verlag J. A. Barth in
Leipzig) veröffentlicht Prof. Hans Henning in Danzig zwei Aufsätze:
„Experimente an einem telekinetischen Medium" und „Untersuchungen
an einigen okkultistischen Medien".
Verfasser, dessen streng ablehnende Haltung bekannt ist, zeigt
wieder erneut, daß man ein anerkannter Psychologe sein kann, ohne
von okkultistischen Dingen eine blasse Ahnung zu besitzen. Er beschreibt
zunächst, wie ein junger Russe, ein in Deutschland promovierter
Naturwissenschaftler, ihm eine Reihe von telekinetischen Experimenten
vorführte, und zwar mitten in seinem Arbeitszimmer, ohne jeden Vorhang
und jegliches Möbel im direkten Lichte dreier Halbwattlampen,
wobei das Medium in einem Meter Abstand oder wen ger ringsherum
von Beobachtern umgeben war. Es wurden befohlene Gegenstände auf
verabredete Distanz in jeder vom Versuchsleiter befohlenen Richtung
bewegt, und ein dickes Buch, ein Porzellanteller, eine Zeitung, ein
Spazierstock usf. beliebig lange in freier Luft schwebend gehalten.
Auch noch andere Experimente wurden gemacht Man höre und
staune: Das Medium sollte ein Zigarettenetui des Versuchsleiters aus
Distanz öffnen, eine Zigarette sollte sich aus dem Etui herausbewegen,
dann in freier Luft schweben bzw. durch die Luft in den Mund des
Mediums wandern. Auf die Hand jedes Zuschauers wurde eine Zigarette
gelegt, aus Distanz sollte sie sich zum Medium bewegen. Ein Dolch
sollte in der Luft hängen und dann der Schwere entgegen zu angegebenem
Zeitpunkt einen Kreis nach oben beschreiben.
Vor dem Versuche wurde das Medium nach den „gebräuchlichen
Methoden" untersucht, und zwar nicht nur im Anfang der Sitzung,
sondern auch vor Beginn eines neuen Experiments, doch wurde nie
etwas gefunden. Die Teilnehmer erklärten das Vorhandensein von Hilfsgeräten
für ausgeschlossen. Die Erscheinungen gelingen genau so gut,
wenn man dem Medium Hände und Füße festhält
Wie kam denn nun dieser Spuk zustande? Was erklärt diese Er-
scheinungen — die Verf. mit den Methoden der Eva C. und mit den
Kautelcn die bei Willy S. angewandt wurden, in Parallele stellt —, die
aber nach Hennings Angabe „an verblüffender Prägnanz alles bei
weitem übertrafen, was die Medien in München zeigten?"
Wir hören, daß das Medium die Methoden für je 20 Rubel kaufte,
und von anderen Medien wurden #diese schon in Petersburg, Moskau,
Warschau und anderwärts in Rußland gezeigt. Sie seien in den Gefängnissen
Sibiriens zur Vertreibung der langen Muße üblich. Ob die
„keineswegs plumpen, sondern geradezu subtilen und virtuosenhaften
Leistungen" noch weiter aus dem Osten stammen, etwa aus mongolischen
oder chinesischen Oauklerkreisen (vgl. hierzu Klinckowstroem:
Indische Gauklerkünste, Juni- und Juliheft), oder aus dem Süden, zumal
in Indien ja auch Levitationen produziert werden, das vermochte das
Medium nicht anzugeben. Henning gibt an, daß minimale Vorbereitungen
technischer Art, und zwar n ä c h der Körperuntersuchung
des Mediums auf etwa mitgeführte Hilfsmittel, im vollsten
Licht vor den Augen der Kommission durchgeführt werden, ohne
daß jemand etwas merkt. Kompliziertes Hilfsgerät kommt
nicht in Frage, nur zwei fast mikroskopisch kleine Behelfe
, die auch ohne Hände, Füße und Kopf benutzt werden können.
Leider erfahren wir nichts Näheres von den „Geräten", von denen eins
in den Besitz Hennings übergegangen ist. Denn daß die Spur Wachs,
unter dem Fingernagel verborgen., dazu ein oder mehrere Haare bzw.
feste Fasern u. dgl, aus dem Kopfhaar oder Anzugstoff entnommen,
dazu ausreichen, die oben geschilderten Phänomene zu produzieren,
glaubt doch Prof. Henning wohl selbst nicht. Entweder waren die
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