Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
51. Jahrgang.1924
Seite: 571
(PDF, 233 MB)
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Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

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Vom Büchertisch

571

Verhandlung oder überhaupt bei der Urteilskündung Umstände nicht
verwerten soll, die durch die Tätigkeit eines Hellsehers als Beweismaterial
herbeigetragen sind. Ich vermag aber nicht einzusehen, warum
nicht im Vorverfahren die Untersuchungsbehörden gelegentlich den
Versuch machen sollten, sich eines Hellsehers oder Psychometers zu
bedienen — genau wie durch Hinzuziehung von Graphologen —, sofern
dies mit dem nötigen Verständnis und den gegebenen Einschränkungen
geschieht.

An überaus zahlreichen Stellen des Buches dokumentiert Verf. eine
derartige Voreingenommenheit (trotz Polizeiarzt, Seite 31; trotz Untersuchungsrichter
, Seite 71), einen derart ablehnenden Standpunkt, daß
eine Widerlegung im einzelnen den Umfang dieser kurzen Besprechung
überschreiten dürfte. Bereits in der Einleitung (Seite 6 bis 13) stellt
Verf. den Leser darauf ein, daß es sich um „Betrug", „Irrtum", „Phantasiegebilde
", „ungenau beobachtete Tatsachen", „der Kriminalpolizei
ins Handwerk pfuschen" handle, wie er auch ferner (Seite 21) nicht
daran zweifelt, „daß die hervorragenden Erfolge der Hellseher in
Barmen und Bochum sich bei näherem Zusehen in Nichts auflösen
werden". V}n dieser subjektiven Gesamteinstellung aus kommt er dazu,
im Heidelberger Fall eine vollständige Kettenhypothese von ihm unterstellter
Vermutungen anzuwenden, nur um nicht das Hellsehen zugeben
zu müssen. Er unterstellt ohne weiteres, daß Frau Sch. — ohne sie
befragt zu haben — z. B vorher in Frankfurt einen „Heidelberger
Führer" durchgelesen habe bzw. haben müsse (Seite 70), daß sie überall
herumgehorcht habe usw.; jedoch „bleibt noch ein gewisser nicht völlig
aufklärbarer Rest übrig" (Seite 56). Ich muß feststellen, daß hier kein
objektives Referat über einen aktenmäßigen Fall vorliegt.

Bei Erörterung des Faller Megalis erwähnt Verf. die Hypothese der
„unendlich feinen Flüsterlaute", die das Gedankenlesen oder sogar Hellsehen
ermöglichen sollen. Eine Beweisführung mit Angabe einzelner
konkreter Fälle fehlt. Die Anforderungen', die Verf. selbst seinerseits
an die Forscher stellt, können niemals scharf genug sein (Soll wirklich
Stimmenmehrheit entscheiden?, Seite 9), so daß man nur wünschen
könnte, daß recht bald an einer Universität ein staatlich ausreichend
subventioniertes Institut unter Leitung eines ordentlichen Professors die
weitere Forschung in die Hand nehmen möge. Immeihin wird man die
Erwähnung des Tricks der Zetlelvertauschung (Seite 89), die als Kinderspiel
aus Jugendbüchern hinreichend bekannt ist, etwas deplaciert finden
dürfen.

An verschiedenen Stellen fällt auf, daß die Worte „Hellsehen",
„Gedankenlesen" (Muskellesen ist kein Gedankenlesen, Seite 23), „Telepathie
" nicht immer denselben Begriffen zu entsprechen scheinen, was
an sich erklärlich ist, da ja sogar hellsehende Personen selbst die Grenze
des Begriffs nicht ziehen können. Klarheit hierüber kann vielleicht in
Zukunft durch Selbstbeobachtung und Selbsterziehung der hellseherisch
veranlagten Personen geschaffen werden Verfehlt ist die Kritik des
Verfassers (Seite 66), daß ein Hellseher von einem geschauten Bilde
manches richtig und manches ungenau wiedergebe. Man wird dem Verf.
entgegenhalten müssen, daß ein Hellseher sicher nicht „allwissend" ist,
daß es sich vielmehr bei den geschauten Bildern um unerwartet auftretende
, plötzlich wieder verschwindende Erscheinungen nach Art von
Traumbildern handelt, die teils scharf umrissen, teils auch undeutlich
sein können. Ob es je gelingen wird, auf dem Gebiete des Hellsehens
exakt naturwissenschaftliche Beobachtungsmethoden zur Anwendung zu
bringen (wie bei den physikalischen Erscheinungen des Mediumismus),
wird die Zukunft lehren; möglich ist ebensogut, daß die Anwendung
dieser mechanischen Beobachtungsinethoden auf psychischem Gebiet
bis an (das Ende aller Tage negativ verlaufen wird.

Rechtsanwalt Dr. jur. Richard Winterberg.


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