Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
51. Jahrgang.1924
Seite: 585
(PDF, 233 MB)
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Peter: Ein Malmedium

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Weise, denn es bleibt immer für die wissenschaftliche Forschung ein
beachtenswertes Problem, die Hand eines Individuums, das im Malen
und Zeichnen keine Kenntnisse hat, ein Bild automatisch fertigen
zu faehen, das oftmals künstlerisches Können verrät und in einem
Tempo hergestellt wird, in dem ein Künstler nicht arbeiten könnte,
ganz abgesehen von dem grandiosen Ideenreichtum und der grotesken
und unerschöpflichen Phantasie,

Der hervorragende englische Forscher Myers sieht in dem Phänomen
nur selten Zeichen einer telepathischen Wirkung einer fremden
Intelligenz. Er betrachtet die Erzeugnisse mehr als Fälle des Genies.
Allerdings sieht Myers in dem Genie eine Kraft, welche denen, die
damit begabt sind, gestattet, die Produkte ihrer subliminalen Geistes-
tätigkeil in größerem Maße zu gebrauchen, als der gewöhnliche Sterb-
liehe. Nach Myers ist die Inspiration des Genies nur ein Auf-
tauchen von Ideen in das Gebiet des Bewußtseins, an deren Herstellung
letzteres nicht teilgenommen hat — von Ideen, die sozusagen unabhängig
in den tiefen Regionen unsers Wesens gebildet sind. „Dies
ist," bemerkt Myers, „keine Abweichung vom normalen Zustand, wenigstens
keine Anomalie, kein Ausdruck für eine Degeneration, für
eine Entartung, sondern vielmehr eine Vollendung des normalen Zu-
standes, ein supranormaler Zustand, eine neue, höhere Phase, die sich
im *Laufe der Evolution manifestiert."

Die Richtigkeit dieser Anschauung wird unterstützt durch den
Vergleich der künstlerischen Produkte von Irrsinnigen mit den Ar-
beiten dei Malmedien. Dr. Joachim Friedenthal (Paris) hat
in einem interessanten Artikel von Reclams Universum (1911): ,,Die
Kunst der Irrsinnigen" gezeigt, daß als typisches Zeichen bei in
Wahnsinn verfallenen Künstlern eine seltsame barock sich äußernde
Vergeßlichkeit eintritt. ,

So malte ein Künstler, der durch seine hübschen kleinen Szenen
aus dem 18. Jahrhundert eine gewisse Berühmtheit erlangt hatte, in
der Anstalt solche Bilder, aber er ließ stets die Nasen bei allen Gestalten
fort, die im übrigen so vollendet waren, wie seine früheren.
Statt der Nase setzte er einfach einen weißen Fleck hin. Ein anderer
Künstler malte Porträts, wie früher, aber ohne Ohren. Viele Künstler
fallen im Wahnsinn in die tastenden Versuche begabter Kinder zurück
und malen und zeichnen wie zu den Zeiten eines unausgebildeten
künstlerischen Auges. Auch die Farbengebung wird düster, traurig, ein
Abbild der krankhaften Seelenstimmungen/'

Cesare Lömbroso bemerkt, daß es selten vorkommt, daß
Künstler von Beruf im Irrsinn einen höheren Grad von Vollkommenheit
erreichen. Nun sehen wir aber bei Künstlern, welche ihre Kunst
im medialen Zustand ausüben, die gegenteilige Erscheinung: wir
begegnen einer genialen Steigerung ihrer künstlerischen Fähigkeiten.
Als eines der ältesten Beispiele könnte vielleicht der berühmte Fra
Beato Angelico (Giovanni da Fiesole ^387) angeführt werden,
welcher seine wundervollen Bilder im ekstatischen Zustand gemalt


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