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594 Psychische Studien. LL Jahrgang. 10. Heft. (Okt. 1924.)
Selbstverständlich wird angenommen, daß die Realität dieser Wahrnehmungen
, wie auch aller nebensächlicher Vorgänge keinem Zweifel
unterliegt, und Phänomene wie Bewegung ohne Berührung, Levitation,
Durchdringen der Materie ohne Spurzeichen (Apporte) anerkannte Tat-
Sachen sind.
Jedwede Beweisführung in diesem Sinne liegt mir fern, wie auch
die Berufung auf tatsächliche protokollarische Feststellung der Erscheinungen
, welche doch im Laufe der letzten Jahre vollkommen überzeugend
—wenigstens für eine große Anzahl ernster Männer — von berühmten
Forschern in Werken und Tagesschriften auf diesem Gebiete
festgestellt wurden.
Das Erklärungsbedürfnis für jedes Geschehen, obwohl es teilweise
nach heutigem Wissen ins Reich des Unerklärlichen hinüberragt, will
befriedigt werden. Die offizielle Wissenschaft unter dem Hochdruck
der materialistischen Weltanschauung, will die Stimme des neuen Zeit-
geistes überhören, trotzdem mehren sich die Versuche, rätselhafte Tatsachen
festzustellen, die Bedingungen des Auftretens zu erforschen, und
die Gesetze dieser Erscheinunsren unter eine annehmbare Hypothese zu
bringen.
Es wirft sich also folgende Frage auf:
Ist es nach dem heutigen Stand der Experimente der Forschungen
im Neuland der mediumistischen Tatsachen möglich, die telekinetischen
Phänomene auf Grund der anerkannten Gesetze des physikalischen,
physiologischen und psychischen Geschehens unter Zugmndlegung bekannter
Hypothesen über Geist und Stoff, einwandfrei zu erklären?
Zweitens: Auf welche Weise qualitativ und quantitativ vollzieht
sich die Wechselwirkung zwischen Geist und Stoff, Kraft und Materie
im landläufigen Sinne (womit ich die Relativität der mechanischen,
organischen und psychischen Wahrnehmungen meine)?
Drittens: Wann und wie treten die Ursachen mediumistischer
Phänomene auf welche als Wirkung telekinetische Erscheinungen zur
Folge haben?
Die älteste Antwort seit Menschengedenken auf diese schweren Rätsel
gibt die sogenannte „schwarze und weiße Magie'*, die ungeheure Anzahl
von Werken seit zwanzig Jahrhunderten und die Dogmatik des
spiritistischen Glaubens, in welchem alles erklärbare und unerklärbare
auf diesem Gebiete, durch das Eingreifen von unsichtbaren Geistern in
die materielle Erscheinungswelt, restlos erklärt wird.
Hier ist leider auch der Tummelplatz von philosophischen Dilletanten
, die Quelle unrühmlicher Polemik pro und contra, hier auch
das Arsenal von minderen Geisteswaffen, deren sich die offizielle Wissenschaft
zur Abwehr jedweder Frage über Mediumismus, hauptsächlich
bedient, um sogar ernste Gelehrte in Verruf zu bringen.
Der berühmte Ausspruch v. Dubois Reymond „ignorabirnus", verkündet
die Ohnmacht des menschlichen Geistes beim Versuch; eine
Brücke zwischen Materie und Kraft. Stolz auf ihre Erfolge, hat die
Wissenschaft den Boden wahrer Philosophie vielfach verlassen, hat zu
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