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Trainer: Der psycho-physische Kontakt.
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Von einem anderen Falle psycho-physischen Kontaktes erzählt
Buchner „Von den übersinnlichen Dingen", S. 77 u. f. Ein von
ihm hypnotisiertes 15 jähriges Mädchen betrachtete ein Bündel Papierfetzen
zuerst als Blumenstrauß mit Entzücken. Als aber später die
Suggestion erweitert und ihm gesagt wurde, „esseieneine Menge
Brennesseln in den Strauß hineingebunden, warf
sie ihn unter lebhaften Schmerzenslauten von sich"
und zeigte an der Haut eine solche Rötung, wie sie nur bei wirklichein
Stichen durch Brennesseln wahrgenommen wird.
Sind die bisher angeführten Fälle geeignet, den psycho-physischen
Kontakt auf dem Gebiete zu erweisen, wo ekstatische Versenkung und.
Autosuggestion (Katharina Emmerich und Louise Lateau), Hypnose *)
und Telepathie 2) vorliegen, so ist ein im Januar d. J. in Potsdam bei
Berlin vorgekommener Fall in unserem Zusammenhang deswegen von
Interesse, weil für das Zustandekommen der durch die Hypnose erfolgten
Erblindung, auch die psychische Veranlagung des Mediums
ausschlaggebend war.
Ein 2 3 jähriger, junger Mann wurde durch Hypnose in seinem
Augenlichte so geschädigt, daß er sein Sehvermögen verlor. Erst durch
das Eingreifen eines in der Hypnose bewanderten Fachmannes wurde
der Zustand des Kranken soweit gebessert, daß er seine frühere Sehschärfe
wiedererlangte. Daß es sich nicht um eine im Organismus
begründete Erblindung, sondern nur um eine vorübergehende funktionelle
Sehstörung handelte, war nach dem Befunde und seiner
Heilung jedem Fachmann klar. ^rof. Dr. Friedländer, der im „Berliner
Tageblatt" zu diesem Falle Stellung nahm, erklärte das Verlieren
des Sehvermögens in diesem besonderen Falle mit „p sy ch o gener"
Erblindung, hervorgerufen durch eine funktionelle Störung infolge
einer Faszinationshypnose, deren Zustandekommen „nur
ausnahmsweise und bei besonders Veianlagten (Psychopathen, Haltlosen
, Schwärmern) — kurz bei willjensschwacheni Meeschen möglich ist.'?
So zeigt uns auch dieser Fall den Zusammenhang des psychischen,
und physischen Lebens im menschlichen Organisums aufs deutlichste.
Wie die Uebertragung der geistig wirkenden Kraft auf die Körperlichkeit
erfolgt, wissen wir nicht, daß sie aber erfolgt, haben wir
an den hier besprochenen Beispielen deutlich gesehen.
Die Psychophysik wird es nun als ihre vornehmste Aufgabe betrachten
müssen, die eigenartigen und interessanten Zusammenhänge
und Beziehungen dieser Art zu ergründen und zu erklären und durch
neue Versuche dort Ordnung und Licht hineinzubringen, wo wir bisher
nur auf Vermutungen und Hypothesen angewiesen sind.
J) Die von Forel und Büchner, Bourra und Dr. Marbille gemachten
Versuche.
2) Die von Waldemar von Wasiftewski beschriebenen Sitzungen in
seinem Buche „Telepathie und Hellsehen" Vgl. dazu meinen Aufsatz
„Das verkehrte Bild in der Telepathie", Psych. Stud. 51. Jabrg., 6. Heft.
S. 367 u. ff.
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