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608 Psychische Studien. LI. Jahrgang. 10. Heft. (Okt. 1924.)
dann glossiert er ausführlich die I llusionsmög-
lichkciten bei Dunkelsitzungen! Ganz gewiß ein merkwürdiges
Zusammentreffen, wenn es nicht in logischer Beziehung
stünde!
Wie kritisiert nun aber Max Dessoir den Zöllner sehen
Bericht auf jenen vorangehenden 36 Zeilen, um danach von so „argen
Schäden' sprechen zu können? Zunächst behauptet Dessoir, daß
„an der soeben erwähnten Stelle auch etwas gesagt ist, was der ,mit
aller wünschenswerten Genauigkeit' abgefaßte Bericht leider verschweigt
, daß nämlich derselbe Versuch bereits einige Male vergeblich
gemacht worden war, ehe er glückte. Slade wußte also genau, worauf
es ankam, und hatte Zeit gehabt, sich vorzubereiten. Wie viele Möglichkeiten
betrügerischer Maßnahmen so entstehen, läßt sich unschwer
begreifen." Also zunächst wieder einmal die Betrugsbehauptung
ohne den Schimmer eines Versuches
seines Nachweises. Und dann — ist die Ausgangsbehauptung
Dessoirs, der „Versuch sei bereits einige Male
vergeblich gemacht", frei erfunden, wie Albert Molls
Protokollinhalt! Im Gegenteil, aus dem Bericht gebt
mit zwingender Folgerung hervor, daß der Versuch
sofort beim ersten Versuche gelungen ist!
Zöllner schreibt: „Die beschriebene Versiegelung von zwei solcher
Bindfäden mit meinem Petschaft fand am Abend des
16. Dezember 1877 um 9 Uhr in meiner Wohnung unter den
Augen mehrerer Freunde und Kollegen von mir selber statt,
und zwar nicht in Gegenwart von Herrn Slade. Zwei andere
Bindfäden von derselben Beschaffenheit und Größe wurden erst am
andern Morgen, den 17. Dezember, um 10^/2 Uhr von Wilhelm Weber
in seiner eigenen Wohnung und mit seinem eigenen Petschaft versiegelt
. Mit diesen vier versiegelten Bindfäden begab ich mich alsdann
in die benachbarte Wohnung eines meiner Freunde, welcher die
Güte hatte, Herrn Henry Slade über 8 Tage als Gast in seinem eigenen
Hause aufzunehmen... Die betreffende Sitzung fand unmittelbar
nach meiner Ankunft in dem Wohnzimmer meines oben erwähnten
Freundes statt. Unter den vier versiegelten Bindfäden wählte
ich mir selbst einen aus, und um ihn, bevor wir uns an den Tisch
gesetzt hatten, nie aus den Augen zu verlieren, legte ich mir denselben
derartig um den Hals, daß das Siegef auf der Vorderseite
meines Körpers herab hing und stets von mir beobachtet wurde.
Während der Sitzung... behielt ich das unveränderte Siegel
stets vor mir. Herrn Slades Hände waren jederzei t frei sichtbar:
mit der Linken faßte er sich öfter, über schmerzhafte Empfindungen
klagend, an die Stirn, mit der Rechten hielt er ein kleines, zufällig
im Zimmer befindliches hölzernes Brett unter den Rand der Tischplatte
. Der herabhängende Teil des Fadens lag zwar unbeobachtet
auf meinem Schöße, aber die das Brett haltende Hand Slades blieb
mir stets sichtbar (von Zöllner gesperrt; Verf.)." Wer aus dieser
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