Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
51. Jahrgang.1924
Seite: 636
(PDF, 233 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1924/0666
636 Psychische Studien. LI. Jahrgang. 10. Heft. (Okt. 1924.)

zwar zugegeben werden, daß diese Bedingungen sehr schwer nachzuweisen
sind, unmöglich ist es aber ßicht.

Solche Fälle, die wahrscheinlich sich einmal ereignen können oder
auch sich schon ereignet haben, könnten allein durch die spiritistische
Hypothese genügend erklärt werden.

Gerade diese Hypothese aber macht jede Beweisführung unmöglich.

Der von Roßberg nach Aksakow berichtete Fall der Vollendung
des Dickenschen Romans „Das Geheimnis von Edwin Drood" in des
Dichters charakteristischer Handschrift und Stil durch einen ungebildeten
medialen Arbeiter ist meiner Ansicht nach nur spiritistisch zu erklären,
denn wenn sich das Medium auch in das Wesen und die Fähigkeiten
von Dickens hätte passiv einfühlen können, so fehlten ihm doch
völlig die geistigen Fähigkeiten zu solch aktiver Leistung.

Die Frage allerdings: Wer war es, wenn es Dickens nicht selbst
war, muß man offen lassen.

Die Wahrscheinlichkeit spricht für Dickens se1bst, denn nur er
hatte ein Interesse an der Vollendung des Romans, auch seine Handschrift
sowie drastischen Wortbildungen und der ganze Stil sind gute
Zeugnisse seiner posthumen Persönlichkeit.

Die spiritistische Hypothese kobimt für die Herren Gelehrten
meist überhaupt nicht in Frage.

Warum, das sagt Roßberg am Schluß seiner Ausfuhrungen Wissenschaftlich
ist das natürlich nicht, denn für einen echten Wissenschaftler,
d. h. Wahrheitssucher, hat jede Hypothese den gleichen Wert. Hunderte
reden es wenigen andächtig nach, daß man zur Erklärung okkulter
Phänomene erst alle natürlichen, d. h. bekannten Kräfte und Gesetze erschöpfen
müsse, ehe man zur spiritistischen Hypothese greife.

Dieser Grundsatz ist in der Theorie gewiß richtig, in der Praxis
aber wächst er sich zur größten Ungerechtigkeit aus.

Die bekannten natürlichen Kräfte, Fähigkeiten und Gesetze werden
so lange gerettet und gestreckt, bis sie zur Erklärung der okkulten Erscheinungen
genügen.

Eduard v. Hartmann ist hierfür ein sprechendes Beispiel.

Die bekannten Kräfte und Gesetze erlangen durch diese Manipulation
rein hypothetischen Charakter und unterscheiden sich oben als
Hypothesen nicht mehr von der spiritistischen.

Trotzdem gelten sie in den Augen der Wissenschaft allein ah vergleichsfähig
und drängen die spiritistische Hypothese trotz ihrer oft
viel größeren Einfachheit und Üngesuchtheit in Verteidigungsstellung.

Wissenschaftlich ist dies Verfahren natürlich nicht, denn es beruht
auf einem Vorurteil, und die Wissenschaft ist doch ganz besonders
stolz auf ihre angebliche Voraussetzungslosigkeit (besser Vorurteilslosigkeit
).

Wissenschaftlich handelt man nur dann, wenn man die Hypothesen
den Tatsachen unterschiedslos gegenüberstellt und diejenige als wahrscheinlich
wählt, die den Tatsachen am ungezwungensten gerecht wird.

Vollständig recht geben muß man Roßberg, wenn er darauf hinweist
, daß man sich einen Ueberblick über das Gesamtgebiet der Para-
psychologie verschafft haben müsse, um darüber gerecht urteilen zu
können, und daß man sich nicht auf Einzelfälle beschränken dürfe. Das
ist eigentlich selbstverständlich und gilt auf allen Gebieten der Forschung
widerspruchslos.

Daß man dies für das Gebiet des Okkultismus erst besonders betonen
muß, ist bezeichnend.

Die theoretischen Kenntnisse genügen aber allein nicht, e« gehört
vor allen Dingen eigene Erfahrung dazu, um sich als Kenner zu bezeichnen
. Schon mancher theoretische Skeptiker ist durch eigene Erfahrung
aus einem Saulus ein Paulus geworden.


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1924/0666