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662 Psychische Studien. LI. Jahrgang. 11. Heft. (November 1924.)
Pseudo-Entlarvungen.
Ein kritischer Beitrag zur „Medien*-Entlarvungs-
Taktik.
(Teil C.)
Von Prof. Dr. Christoph Schröder, Berlin-Liehterfelde-Ost.
Wenn ich unter A und B zunächst die beiden „ersten Fachmänner
" Albert Moll und Max Dessoir einer je gesonderten
kritischen Würdigung ihrer Arbeitsgepflogenheiten auf sog. okkultem
Gebiete unterzogen habe und nunmehr weitere Gegner nur
kursorisch zu Worte kommen lasse, um meine Kritik ihrer
mehr minder unwissenschaftlichen, da voreingenommenen
Stellungnahme anzuschließen, so will ich damit keineswegs ein
Urteil über die Bedeutung dieser Herren im übrigen, im Vergleich zu
jenen, abgeben. Allerdings ist anzunehmen, daß die sich beispiellos
von wissenschaftlicher Sorgfalt entfernende
Kampfesweise der beiden Erstgenannten selbst unbewußt auf die
Einstellung auch der folgenden Kämpen zur Auswirkung gelangt ist,
da es, wie meine Kritik ergeben hat, eines sorgfältigen Literatur Studiums,
einer tätigen methodisch-experimentellen Erfahrung auf dem Gebiete
selbst, einer offenbar nicht allzu häufig antreffbaren Unvoreingenom-
menheit in Glaubens- und Weltanschauungsfragen, einer durch Autoritätsglauben
unbeirrbaren, allein durch das eigene Suchen nach Wahrheit
gerichteten, einer wissenschaftlich-skeptischen Forschung bedarf, um auf
diesem m. E. schwerst zugänglichen Gebiete der Naturwissenschaften
voranzuschreiten.
Denn natürlich muß sich das von den „ersten Fachmännern '
inspirierte, unabgebrochene Pressegeschrei über
„M edien" - Entlarvungen nach Art der „Kriegsschuldlüge"
mehr minder zu einer Art Psychose auswirken. Semper aliquid haeret!
Und ich kann den Nachweis auch hierfür liefern, wenn ich mich für
Albert Hell wig auf seinen Beitrag in der Berliner „Medizinischen
Klinik" (1924, S. 852) beziehe: „Wenn es gelänge, einen Dessoir,
einen Moll, einen Adolph F. Meyer, einen Grafen von
Klinckowstroem von der Realität parapsychologischer Erscheinungen
zu überzeugen, so würde das m. E. unendlich mehr wiegen,
als Tausende und aber Tausende von Versuchen und Berichten von
Forschern, denen der kritisch Eingestellte unmöglich volles Vertrauen
entgegenbringen kann." P. Sünner hat in den „Psychischen Studien
" 1924, S. 5o6/5o7 bereits hierauf treffend Bezug genommen.
Oder, um mich noch eines Beispieles zu bedienen, wie Prof. B. (in K.)
unter dem 3. Mai 1924 schreibt: „Den physikalischen Phänomenen
bin ich zwar immer besonders skeptisch gegenübergestanden, demi mir
sind aus der Literatur 19 physikalische Medien bekannt, die gelegentlich
des Betruges überführt wurden." (Ich komme auf diese Aeuße-
rung noch zurück.) Und diese Auswirkung ist natürlich auch der
Zweck des geräuschvollen Mühens jener „Fachmänner".
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