http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1924/0700
70 Psychische Studien. LI. Jahrgang. 11. Heft. (November 1924.)
wenn J. B e ß m e r als „Versprechungen für jene, die sich bereit zeigen,
seine Schulung durchzumachen, die vorgezeichneten körperlichen und
geistigen Uebungen treu zu halten, der Aszese in seinem Sinne obzuliegen
", nennt: für den Meister ein „Lesen der Vergangenheit und der
fremden Gedanken im Astrallicht44, die Fähigkeit der „StoffVerwandlung
', des „Freischwebens in der Luft", „des Schwimmens auf dem
Wasser wie ein Kork", der Versetzung seines physischen Leibes an
fremde Orte, die Unverwundbarkeit usw." (II, S. ^25; von der Verbal-
in die Substantivform übertragen: Verf.)'.
So ist auch unter dem „Okkultismus von heute" eigentlich nichts
weiter als ein Kampf der römischen Kirche gegen die Blavatsky'sche
Theosophie ausgetragen, und es ist nicht übei raschend, daß „Rom
wieder einmal klarer geschaut" haben soll (I, S. 3/j6), „als es am
27. April 1917 durch Dekret des Heiligen Offiziums den Katholiken
jede Anteilnahme an spiritistischen Sitzungen aufs strengste untersagte
und am 18. Juli 1919 die Theosophie verurteilte. Die Verwüstungen,
welche der Okkultismus von heute im Glauben und in der gesunden
Vernunft anrichtet, geben diesen Verboten vollauf Recht" (I, S. 316).
Diese Paarung von „Glauben" und „gesunder Vernunft
" fällt mir auch an anderen Stellen der beiden Arbeiten Beß-
mers auf. Denn ich weiß wirklich nicht, was die „Vernunft", d. h.
das geistige Verarbeiten der Sirineseindrücke zu Begriffen, Urteilen
und Schlüssen, ich weiß nicht, was die „Vernunft" mit der „geoffenbarten
Religion", d. h. einer Selbstbekundung Gottes zu tun hat.
Tatsächlich wendet J. Beßmer dem „wissenschaftlichen Okkultismus
" unter I nur wenige Petitzeilen (kaum eine Druckseite) zu
und s^erät auch unter II, den „Leistungen des Okkultismus", nicht
über gänzlich unbefriedigend wiedergegebene Stichproben inmitten
billigster Ausfälle gegen die Kasseler Tagung vom September 1921, an
der sich kein Vertreter des wissenschaftlichen Okkultismus beteiligt
hat, und sonstige den wissenschaftlichen Okkultismus gar nicht berührende
Autoren hinaus. Trotzdem gelangt Beßmer zu dem Ergebnis
, daß sich „bei den sogenannten Ferngesichten, bei den Geisterbotschaften
und bei den Materialisationserscheinungen Reste finden,
die bis jetzt der natürlichen Erklärung unzugänglich erscheinen und
es auch bleiben werden, da die Hypothesen der Telepathie und des
Ilellsehens Konstruktionen sind, die jeder soliden Begründung entbehren
". Beßmer fährt fort (ü, S. f\38): „Wir müssen also das Eingreifen
übermenschlicher Kräfte in Erwägung ziehen. Der katholische
Glaube zeigt uns in seiner Engellehre, daß es solche über dem Menschen
, aber unter Gott siehende geistige Wesen gibt, die in das Getriebe
der körperlichen Kräfte einzugreifen, auf Leib und Seele des
Menschen einzuwirken imstande sind. Gegen die Möglichkeit und
W ahrscheinlichkeit des Daseins solcher können nur jene Philosophen
Einspruch erheben, welche im Widerspruch mit dem logischen Denken
(dieses beliebte Stichwort: ,logisch'; Verf.) die Substantialität und
Geistigkeit der Menschenseele leugnen. Müssen wir aber einmal das
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1924/0700