http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1924/0705
Schröder: „Pseudo-Entlarvungen".
675
häufig improvisiert. Mitunter ist es eine Spur Wachs, die unter dem
Fingernagel oder sonstwo verborgen ist, dazu ein oder mehrere Haare
bzw. feste Fasern u. dgl., aus dem Kopfhaar oder Anzugstoff entnommen
, oft um einen Knopf gewickelt usf. . . . Die Methoden
einzeln zu beschreiben, wäre nur in einem dicken Bande möglich,
denn die Tricks liegen viel weniger in dem variablen Gerät selber,
welches jeder kritische Zuschauer ohnehin als vorhanden voraussetzt,
wie in der verblüffenden Virtuosität der Anwendungsarten außerhalb
dar Reichweite (kann nur heißen: außerhalb der Reichweite von
Händen und Füßen des Taschenspielers; Verf.), in der Mundhöhle
und an allen beliebigen (! Verf.) Körperstellen selbst ohne Benutzung
der Hände und Füße."
Unbefriedigender,rätselvollerkönnteHenning
wahrhaftig nicht schreiben, wenn ihm nur daran
gelegen wäre, für diese Taschenspielertechnik geschäftliche
Reklame zu machen. Er predigt ein physikalisches
Wunder und verlangt als Nichtfachmann auf diesem Gebiete
kategorisch, daß man ihm dieses Wunder glaube. Daß „die Psychologie
wissenschaftlich nicht an der detaillierten Beschreibung der Tricks
als solcher interessiert ist, zumal diese ohne das gesamte psychische
Beiwerk nicht für sich sprechen', diese Entschuldigung für die vorliegende
Geheimniskrämerei ist in solchem Zusammenhange völlig unhaltbar
, grotesk, da ja die ganze Folgerung davon abhängt, die Ablehnimg
der bezüglichen sog. okkulten Phänomenik aus der fraglichen
Taschenspielkunst zu begründen. Diese II e n n i n g'sche Auffassung bedeutet
die Annahme eines verletzenden Maßes von Urteilslosig-
keitundGlaubensfreudigkeitbeidenLesern der „Zeitschrift
für Psychologie", und es bleibt mir erstaunlich, daß deren Schriftleitung
hierzu nicht Stellung genommen hat. Psychologisch ganz unverständlich
, wenn nicht aus der grundsätzlichen Ablehnung dieser
möglichen echt okkulten Phänomenik heraus, also von einem unwissenschaftlichen
Standpunkte aus, bleibt mir, daß „die Aufklärung
weiterer Schichten des Volkes nicht durch Angabe der Tricks geschehen
" kann, „da ja in dem okkulten Beiwerk der ganze Anreiz
wurzelt"! Diese Ansicht bildet ein geradezu klassisches
Beispiel dafür, zu welchen Unsinnigkeiten
jegliche Verranntheit führt, selbst in der Ideenwelt
eines Psychologen.
Mit einiger Selbstgefälligkeit gelangt Hans Henning zu dem
Schlüsse, die oben beschriebenen (sie! Verf.) Demonstrationen lehrten,
daß die bisher als Kautelen angesehenen Bedingungen keine Kautelen
sind, womit die aus älteren Sitzungen gezogenen Schlüsse dahinfallen.
Also alle jene hervorragenden Wissenschaftler, auch jene von weltgeschichtlicher
Bedeutung, unter ihnen Vertreter aller Disziplinen
einschließlich der psychologischen, welche mit ihrem Namen für eine
echte Phänomenik eingetreten sind, gelten Henning als „absolute
Dilettanten" und Opfer von Selbsttäuschung und Betrug! Und diesen
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1924/0705