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704 Psychische Studien. LI. Jahrgang. 11. Heft. (November 1924.)
Das Buch ist nicht aufregend und man wird es nicht in allen
Teilen mit gleicher Aufmerksamkeit lesen. Wir haben hier ein parapsychologisches
Reiseskizzenbuch vor uns. Der Verfasser ist ein im
Verlagshandel stehender Amerikaner, der eine parapsychische Europareise
gemacht hat. Er ist in London, Paris, Berlin, München gewesen
und hat sich überall bemüht, mit führenden Forschern und den
bekanntesten Medien in Berührung zu kommen. Dabei hat er in England
entschieden mehr Glück gehabt als auf dem Kontinent. Während
er in London ein paar, ausführlich berichtete, interessante Sitzungen
mitmachen konnte, hat er weder bei Geley in Paris, noch bei Grunwald
in Berlin, noch auch bei v. Schrenck-Notzing in München etwas zu
sehen bekommen: Willi Sch. war eben nach Wien „ausgekniffen".
So bekommen wir nur ein paar Interviews mitgeteilt. Lediglich bei
Schwabs Medium konnte er in Deutschland an einer Sitzung teilnehmen.
Immerhin ein ganz amüsantes, unterhaltendes parapsychisches
Reisetagebuch. Oesterreich.
Mme Agullana. La Vie vecue d'un Medium spirite. Bordeaux
Feret et Fils, Editeurs 1923. 191 S. Mit 9 Tafeln mediumi-
stischer Zeichnungen.
Das Buch ist die Autobiographie eines aus ganz kleinen Verhältnissen
stammenden französischen, in hohem Alter stehenden, weiblichen
Mediums, das sonst meines Wissens nicht weiter bekannt ist. Es läßt
sich deshalb auch über die Zuverlässigkeit dieser Autobiographie
nichts sagen, zumal keinerlei Zeugen mit Namen angeführt werden, die
geeignet wären, dafür ins Gewicht zu fallen. Auffallend ist die
Flüssigkeit des Stils angesichts der sozialen Herkunft der Schreiberin.
Die medialen Phänomene, von denen sie handelt, sind sehr verschiedener
Natur. Es sind sowohl physische wie psychische. Sie v/erden
in einzelnen Kapiteln systematisch zusammengestellt. Auch ein Abschnitt
über „Chimie spirite" fehlt nicht. — Die Verfasserin ist
Spiritistir.. Oesterreich.
Ernst Ma*cus. Theorie einer natürlichen Magie, gegründet auf Kants
Weltlehre. 196 S. Ernst Reinhardt, München, 1924. M. 3.—.
Vorliegendes Werk enthält eine recht achtungswerte systematische
Denkarbeit, wenn auch der Verfasser jenen Virtuosen der Dialektik, über
die er S. 90, Amtf. 1, das Verdammungsurteil spricht, nicht ganz so fern
stehen dürfte, als wie er selber glaubt. Unter der „natürlichen Magie"
versteht er die Kraft der Vorstellungen, welche das menschliche Ich
als Ding an sich besitzt, nicht bloß« den eigenen Willen, sondern auch
die eigene Körpersubstanz entscheidend zu beeinflussen. Dabei macht
er aber von den neueren Gedanken der Parapsychologie so gut
wie gar keinen Gebrauch. Von Hypnose und Autosuggestion hören wir
nur das Allernotdürftigste, das Problem der Materialisationen
wird nicht einmal gestreift. Hingegen legt der Verfasser auf seine sehr
gewagte These großes Gewicht, daß schon im * Mutterleibe die unbewußten
, oder wie er sie nennt, organischen Vorstellungen des
menschlichen Ich die einzelnen Organe des Körpers zweckentsprechend
gestaltet hätten. Nur so sei es verständlich, daß späterhin das Ich über
den Leib, insbesondere die Leibesbewegungen, vermöge seiner Vorstellungen
, Gewalt besitze. Hier wird aber vom Verfasser zweierlei
nicht genügend auseinander gehalten: Die Beeinflussung der
Leibesbewegungen und die Veränderungen oder gar organischen
Gestaltungen der Leibessubstanz selbst. Er hält es zwar für
selbstverständlich, daß die Bildung einer jeglichen Vorstellung (oder, wie
er mißverständlich sagt, jeden Begriffes) eine entsprechende Aenderung
in der Gehirnsubstanz hervorrufe. Aber schon das ist eine höchst problematische
Sache, und nun gar das organische Denken des Ich für die Bil-
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