http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1924/0745
Kröner: „Telepath. Uebertragungsversuche" v. Dr. med. Bruck. 715
Zuweilen entsprach das Resultat nicht dem angestellten, sondern
einem andern für dieselbe Sitzung vorbereiteten oder einem in der
Sitzung vorangegangenen verfehlten Versuch („Deferment" der englischen
Autoren — und zwar „post- und anteponierende" —, „telepathische
Metathesis nach Bruck").
Bruck folgert daraus die Einheit von räumlichem Hellsehen und
Telepathie. Er nimmt in den Fällen der Metathesis eine direkte
Subjekt-Objektbeziehung zwischen Medium und Versuchsgegenstand
ohne telepathischen Umweg über den Agenten an. Indessen kann es
sich u. E. dabei ebensogut um Telepathie aus dem Unterbewußtsein
des Agenten handeln, denn die Konzentration des Agenten auf das
Objekt ist nicht unbedingt notwendig (siehe oben).
Bei der Analyse der Fehlresultate kommt Bruck mehrfach zu
dem Ergebnis, daß diese der Methodik des Versuchsleiters zur Last
zu legen seien. Diese Selbsterkenntnis bedeutet einen wesentlichen
Fortschritt im Gegensat/ zu dem Negativismus bisheriger Kritiker,
denen jeder verfehlte Versuch als Beweis für die Unfähigkeit des
Mediums, jedes positive Resultat als eine Verdachtsquelle gegen den
Experimentator gilt. Man kann also auch nach Bruck sehen, daß
Fehlversuche oft psychologisch und methodologisch interessanter sind
als gelungene Experimente.
Auf dem Gebiete der „Begriffetelepathie" konnten mit der Hauptversuchsperson
leider nur zwei Schlußversuche vorgenommen werden,
die gleichfalls gute Resultate zeitigten. Auf Grund einiger auf gut
Glück angestellter Gelegenheitsversuche mit anderen Versuchspersonen,
die hoffnungsvolle Resultate lieferte», nimmt Bruck ferner an, daß
telepathische Begabungen nicht allzu selten seien.
Zum Schluß seiner Publikation weist Bruck noch auf zwei interessante
Analogien zwischen Telepathie und normal-pbysiologischen
bzw. pathologischen Vorgängen im niederen und höheren Tierreich
hin. So erinnert er an die Versuche des Berliner Experimental-Zoo-
logen Deegener Dieser nimmt das Vorhandensein einer überindividuellen
Gemeinsamkeit der Empfindung bei gewissen niederen
Tieren an (besonders einer Raupenart) und gibt dieser Tatsache eine
telepathische Deutung.
Außerdem weist Bruck auf den rätselhaften Vorgang des sog.
„Versehens" der Schwangeren hin, wobei gewisse schreckhafte Eindrücke
der Mütter strukturelle Veränderungen an der Leibesfrucht
hervorrufen (die diesen Eindruck gewissermaßen symbolisieren; Verf.).
Da zwischen Mutter und Kind Le nervöse Ve^indung nicht bL
steht — die Nabelschnur enthält keine Nervenelemente —, gibt Bruck
dem Vorgang eine telepathische Deutung (also Telepathie in der
vegetativen Zone nach der Auffassung des Verfassers). Ich möchte
hierin noch weiter gehen und den Prozeß sbgar als mitunter tele-
plastisch bezeichnen.
Ueberblicken wir die Arbeit Brucks, so müssen wir zugeben, daß
seine Resultate nicht bloß empirisch wertvoll sind,- sondern daß seine
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1924/0745