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718 Psychische Studien. LI. Jahrgang. 12. Heft. (Dez. 1924.)
Weise beeinflußt würden, während unmagnetisierte nicht so wirkten.
Wakley richtete nun die Versuche so ein, daß die Medien nicht wissen
konnten, ob es ein magnetisierter Gegenstand sei oder nicht, indem er
ihnen unter dem Vorgeben, es sei magnetisiertes Wasser, unmagneti-
siertes gab, das dann die Wirkung von magnetisiertem hatte. In einem
andern Versuch gab er ihnen Goldmünzen in die Hand, die er angeblich
in der Hand magnetisiert hatte, während er sie in Wirklichkeit
ohne sie anzufassen in warmem Wasser angewärmt hatte, auch diese
wirkten so wie wirklich majsmetisierte. Damit war in der Tat nachge-
wiesen, daß die Angaben von Elliotson unrichtig waren; Wakley zog
aber den weiteren Schluß, daß die Medien betrögen, er sah gar nicht,
daß es, abgesehen von der Alternative „Betrug oder nicht Betrug?",
noch eine dritte Möglichkeit gäbe, nämlich die der ungewollten
oder gewollten Suggestion. Damit waren natürlich die
Okeys „erledigt". (Lancet i. 9. 38.)
B r a i d, der Entdecker des Hypnotismus, blickte tiefer, er erkannte
, daß mit dieser Alternative die Frage nicht erschöpft sei. Gelegentlich
der Erörterung von Gedankenübertragungsversuchen der
damaligen Zeit macht er mit Recht darauf aufmerksam, daß die Antwort
oft aus der Frage zu ersehen sei, und über Kristallsehversuche
meint er, die Medien würden alles das im Kristall sehen, was
man insie hineinfragt. Er schreibt: „Die außerordentliche Lebhaftigkeit
ihrer Vorstellungen führt sie dazu, im Moment als real anzunehmen
, was nur eine Erdichtung ihrer Einbildungskraft ist"
(Medical Times, i845). Er berücksichtigt also das suggestive Moment
und spricht nicht gleich von Betrug, wo ganz andere Momente in Frage
kommen. Auch jetzt könnten von ihm noch manche lernen, daß es
nicht angeht, die Probleme so einfach zu sehen.
Auch im Zeitalter des Tischrückens der fünfziger Jahre sprachen
natürlich die Skeptiker von Betrug, wenn die Sitzer behaupteten,
daß sie den Tisch nicht bewegten und noch weniger glaubten sie,
wenn die Sitzer beteuerten, von den auf diese Weise herausgeklopften
Botschaften nichts zu wissen. Anhänger sowohl als Skeptiker verkannten
meist die Natur des Problems. Aus der Tatsache, daß die Sitzer
nichts von den Nachrichten wußten, folgerten viele Anhänger, es könne
die Nachricht überhaupt nicht von den Sitzern ausgehen, es müsse also
ein fremder „Geist" sein, und die Skeptiker schlössen auf Betrug.
Erst allmählich klärten sich die Meinungen, und volle Klarheit brachten
erst die modernen Forschungen über di& Automatismen und die
Spaltung der Persönlichkeit, besonders die Forschungen von J a n e t
und Myers sind hier zu nennen. Sie bewiesen, daß im Menschen verwickelte
geistige Prozesse vor sich gehen können, ohne daß der Betreffende
eine Ahnung davon hat; erst durch diese Forschungen
wurde das Unterbewußtsein erschlossen, und man erhielt Verständnis
für viele anscheinend rätselhafte Vorgänge und Tatsachen.
Durch diese Forschungen erhielt auch das Betrugsproblem ein
anderes Gesicht und wurde wesentlich verwickelter, für jeden tiefer
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