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Schröder: Pseudo-Entlarvungen.
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men. Er kam etwa um 5 Uhr nachmittags in Begleitung eines Jungem,
den ich in den „Vorführungsraum" nicht eintreten ließ. Meine folgenden
Angaben sind zwar danach an eine Niederschrift erst vom Ende 1919
angeschlossen, da mein gesamtes Hab und Gut schon am 5. April 1916
beschlagnahmt wurde, später in die Hände der Engländer geriet und
auch meine gesamten zweiten Niederschriften im Jahre 1917 auf Nargen
bei Baku später durch Plünderungen verlorengegangen sind. Die von
mir wiedergegebenen Daten sind aber dennoch vollkommen zuverlässig,
da sie eben nur das Augenfälligste der Tatsachen betreffen, die ich s. Z.
sofort nach dem Versuche niedergeschrieben hatte.
Der Yoghi benutzte keinerlei Handwerkszeug, vielleicht
weil er bereits durch meinen Mundschi unterrichtet war, daß mich dergleichen
Beiwerk unerfreulich berühren würde. Vor der Vorführung
legte der Yoghi sein Obergewand in die Hände des Jungen „draußen" ab,
so daß der ganze Oberkörper nackt war. Ich selbst hatte etwas Erde aus
dem Hausgarten geholt, der Yoghi hielt nur eine von mir nachgeprüfte
leere Tonvase von etwa i5 cm Höhe in der Hand und einen Fruchtsamen
von etwa 2i/2cm Längsdurcbmesser, der jedenfalls nicht jener der mir
gut bekannten Mangopflaume war. Er legte diesen in das Gefäß und bedeckte
ihn mit der Erde, gab dann etwas Wasser hinzu, das ihm mein
Diener aus meiner Waschkanne reichte. Keinerlei weitere Vorbereitungen
, von einem Sack oder Tuch war gar keine Rede, die Schale blieb
völlig frei vor meinen Augen; der von mir aus hinter derselben hockende
Yoghi äußerte kein Wort und regte sich nicht und hielt beide Hände bei
etwa wagerechter Haltung der gestreckten Arme unverändert flach ausgebreitet
hoch über dem Gefäß ($twa 1/2 ni darüber), das auf dem Bodenteppich
stand; ich selbst saß auf dem Teppich, ungefähr x m vom Gefäß
entfernt, dem Yoghi gegenüber. In einer Zeit von unter 10 Minuten —
sie ist von mir genau festgestellt worden, ich kann sie aber nicht genauer
mehr angeben — hatte die langsam hochwachsende Pflanze eine
Höhe von wenig mehr als 20 cm erreicht; und in diesem Augenblickei
ließ ich meinen Mundschi eine Aufnahme machen, welche bei der Entwicklung
am gleichen Tage genau das, was ich gesehen hatte, wiedergab!
Der Yoghi war von meiner Absicht, irgendwann auch photographieren
zu wollen, vielleicht durch meinen Mundschi unterrichtet worden; der
Apparat war sichtbar. Jedenfalls konnte ich keinerlei Aenderung in
des Yoghi Gesichtsausdruck oder eine Bewegung bei der Aufnahme feststellen
. Kurz darauf verschwand alsdann „das Pflänzchen wieder, immer
kleiner werdend, in dem Erdhaufen" (zitiert nach dem H. H. v. Vel t-
heimschen, von v. Klinckowstroem aufgenommenen Bericht
[S. 3Co]). Ich würde dagegen sagen: das Pflänzchen sank gewissermaßen
wieder in das Gefäß zurück, d. h. es hatte nicht etwa ein Vorgang stattgefunden
, als ob ein Keimling sich in fabelhaft schnellem, jedoch sonst
biologisch normalem Wachstum bis zur Entfaltung der ersten vier Laubblätter
— so viele waren es deren — entwickelt hätte, noch war dieser
Wachstumsvorgang bei dem „Verschwinden" rückwärts verfolgbar, sondern
es erweckte den Eindruck, als ob sich ein Sproß mit ent-
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