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Schröder: Pseudo-Entiarvungen.
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um für Hellwig eine Fortsetzung des Zankes auszuschließen
. Mir Hegt aber aus letzter Zeit wiederum ein Artikel von
Albert Hellwig: „Telepathie und Hellsehen im Dienste der Kriminalistik
" (Berliner „Tagesschau4 vom 21. Oktober 1924) vor, den derselbe
wiederum zu einem argen Ausfall gegen Seeling benutzt, von
dem er z. B. meint, „er interessiert sich zwar für Psychologie und hat
auch einige Vorlesungen darüber gehört; doch genügt das natürlich nicht
ohne weiteres, um imstande zu sein, fehlerfreie Versuche zu machen".
Hellwig unterstützt alsdann dieses scharfe Urteil allein durch eine
unbegründetesummarische eigene Kritik von Orientierungs-
versuchen Seelings, denen er als Gast bei Dr. von Rutkowski
beiwohnte, die aber nach der Mitteilung des anderen Gastes, eines Bonner
Universitätsprofessors, durchaus nicht sämtlich negativ verlaufen
sind, und auf eine behauptete mündliche Aussage des verstorbenen
Prof. Dr. Max Kauffmann ihm gegenüber. Hellwig
beruft sich dann auch noch auf Dr. PaulSünner, der im Augustheft
der „Ps. St." erklärt habe, „daß er (Sünner; Verf.) in der zwischen,
Seeling und mir (Hellwig; Verf.) entstandenen Kontroverse nunmehr
auf meine (Hellwigs; Verf.) Seite trete, nachdem er sich davon überzeugt
habe, daß die Darstellung Seelings nicht zuverlässig sei."
Demgegenüber weist Seeling in einer „Berichtigung" zu demselben
Thema in sieben Punkten die Angriffe Hellwigszurück
und z. B. darauf hin, daß er allein in den letztem fünf Semestern bei
sieben Dozenten psychologische Vorlesungen gehört und Praktika be-
sucht habe. Otto Seeling hat inzwischen auch die Qualifikation als
Direktor von Bildungsanstalten f#r Schwachsinnige staatlich zuerkannt
erhalten, deren Leitung die Psychiater s. Zt. vergeblich beansprucht
hatten. So ist es durchaus begreiflich, daß Seeling nun seinerseits eine
Klarheit darüber vermißt, „woher Dr. Hellwig die Kompetenz
nimmt, als Jurist die ausreichende psychologische Vorbildung
bzw. meine (Seelings; Verf.) Eignung als exakter Versuchsleiter zu bezweifeln
". Recht fatal aber wird die Lage für AlbertHellwig dadurch
, daß Paul Sünner unter dem 28 Oktober 1924 Seeling bestätigt
, daß „im Augustheft kein Wort zu finden sei in der
Art, wie es Hellwig zum Schlüsse sagt"! Und das vermag
jeder als richtig nachzuprüfen.
Seeling „interessiert sich zwar für Psychologie" (Hellwig, 1. c.);
und ebenso fraglos legt Albert Hellwig ein besonderes Interesse
für den forensischen Okkultismus, wenn ich so
sagen darf, an den Tag. das ihn z. B. dahin führte, im „Dessauer Falle"
auf die Haftentlassung der zu keinem Teüe erst durch den Hellsehversuch
Verdächtigten nachdrücklich hinzuwirken und nach
Erfolg den einen derselben bei sich zu empfangen (siehe dazu die zitier-
ten Mitteilungen des Oberstaatsanwaltes an Hellwig). in einem anderen
Falle im Gefolge seiner, wenn ich recht unterrichtet bin, etwa 200 seiti-
gen Gutachten-Ausführung an die betreffende Staatsanwaltschaft die
fast fünfmonatige Inhaftierung eines „Kriminalte-
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