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750 Psychische Studien. LI. Jahrgang. 12. Heft. (Dez. 1924.)
ten. in dem Hinweise, daß „es doch mehr als sonderbar wäre, wenn
Wissenschaftler der allerverschiedensten Disziplinen, welche Gelegenheit
hatten und genommen haben, in die Phänomenologie einzudringen,
sich nahezu ausnahmslos danach zu der Echtheit ihrer Beobachtungen -
bekannten und dabei doch nur durch Tricks getäuscht wären."
Wie mir jedermann zugeben muß, ist der gesamte Inhalt streng
und trocken sachlich; er bietet zudem auf die Gipfelbehauptung H el 1 -
wigs, daß jegliche „okkulte" Phänomenik von geübten Taschenspielern
gleichfalls vorgeführt werden könne, eine tatsächliche Berichtigung.
Und ich durfte die Erwartung hegen, auf diesem Wege eines „Preisausschreibens
" an eine größere Zahl von Koryphäen auf dem Gebiete der
Taschenspielerei heranzukommen, als sie vielleicht H e 11 w i g trotz seiner
nur scheinbar erfahrungswertigen, vielmehr rein apodiktischen Behauptung
zu Gebote stehen dürften. Meine Hoffnung ist eitel getäuscht
worden! Nach Zwischenfrage vom 12. Sept. 1924 auf meine
Einsendung vom 3. Sept. 1924 erhielt ich diese unter dem Datum des
16. Sept. 1924 zurück! Es ist unschwer zu übersehen, woraus sich die
Verzögerung erklärt, wenn man aus dem Begleitschreiben eines Dr. J o h.
Schürmann entnimmt: „...Die Ausführungen unseres alten und
bewährten Mitarbeiters H e 11 w i g haben wir aufgenommen, weil sie
den Ansichten der Redaktion im wesentlichen entsprachen, aber wir
fühlen uns nicht verpflichtet, in eine Diskussion über das Thema einzutreten
..."
Diese doctores W o 1 f f (im Falle P. Sünners) und Schürmann
sind also offenbar symptomatische Erscheinungen im
Geistesleben von heute. Diese Herren geben nichts weniger zu
als den Anspruch, daß sich der menschliche Erfahrungsinhalt, die Wissenschaft
, die Wahrheit nach ihrem persönlichen Dafürhalten sogar in
ihrem Urteil gänzlich fern liegenden Dingen zu richten habe. Ihnen gilt
nicht einmal der Grundsatz jeglichen geordneten menschlichen Lebens
selbst der Primitivkulturen, von den Geboten wissenschaftlichen Lebens
ganz zu schweigen: Audiatur et altera pars! Haben denn diese doctores
von ihrer Doktorarbeit keinen anderen Gewinn als den des Titels
davongetragen, keine Spur von objektiver Vorsicht und
wissenschaftlicher Skepsis,dh. keine Spur des inneren Gewinnes
, auf den allein die Arbeit abzielen kann, um nicht zu einer Geldfrage
herabzusinken?! Wer „führt denn nun die öffentliche
Meinung irre" (1. c. Teil B)?
Es ist intexessant zu verfolgen, wie sich Albert Hellwig zu
dieser Frage ausspricht. An mehreren Stellen seiner Schrift (z. B. S. 3.
27, 38) äußert er sich überdieTageszeitungen. So sagt er S. 27 :
„... Eingeleitet wurde die Ausbeutung der Leichtgläubigkeit des Publikums
, wie das so üblich ist, durch einen von Irrtümern und Entstellungen
strotzenden, hübsch aufgemachten Zeitungsartikel..."; oder S. 38:
.,... falls die Zeitung es überhaupt über sich gewinnt, sich selbst durch
wahrheitsgemäße Darstellung des Sachverhalts der Leichtfertigkeit bei
der Aufnahme der früheren Lobartikel zu zeihen..." Herr Landge-
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