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Schröder: Pseudo-Entlarvungen.
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Wie hervorgehoben, Hell wig führt einen rein polemischen
kämpf gegen den sog. Okkultismus im allgemeinen. Er konfundieort
mit Scharlatanen und Freibeutern jeglicher, auch schJimmster Art die
in exakt wissenschaftlicher Weise arbeitenden Forscher. Und das erfordert
dem aufgefahrenen groben Geschütz entsprechend eine deutliche
Ablehnung. Ich hoffe, Albert II e 11 w i g hat meinen „Grundversuchen
* entnommen, wieviel mühseliger es ist, in Anpassung an
die Fähigkeiten und Einstellungen von Sensitiven (und „Medien") im
Ausbau der Anordnung auf „reine" Ergebnisse hinzu arbeiten. „Das
ist klarste Kritik von der Welt, wenn neben das, was ihm mißfällt
, einer was Eigenes, Besseres stellt" (Geibel, Sprüche)!
Mit dieser Kritik an den Albert Hellwigschen Veröffentlichungen
hat, um es nachdrücklichst zu wiederholen, meine Stellungnahme
gegenüber Kriminaltelepathie, Hellsehen, Wahrsagerei usw. von
Berufs wegen nichts zu tun. Meine Bedenken z. B. in kriminalistischer
Hinsicht habe ich bereits geäußert. EsistgrößteVorsichtin der
praktischen Verwendung dieser „okkulten" Phänomenik durchaus geboten
, wenn auch ein heuristischer Wert unbedenklich zugestanden
werden muß. Recht bemerkenswerterweise hat sich auch ganz kürzlich
nach der „Berliner Börsenzeitung" (Nr. 5oo 1924) Regierungsrat
Dr. Hagemann, stellv. Chef der Berliner Kriminalpolizei, auf der
polizeilichen Woche am 28. Oktober 1924 über die fragliche Hilfe zur
Aufklärung von Verbrechen dahin ausgesprochen: „Er stelle sich auf
den Standpunkt, daß die Bekundungen solcher Hellseher oder Fernseher
niemals den Anlaß geben könnten, mit polizeilichen Zwangsmaßnahmen
gegen eine Person vorzugehen. Dennoch werde man die angebotene
Hilfe solcher Personen nicht ohne weiteres zurückweisen
, denn häufig (sie!! Verf.) hätte ihre Tätigkeit ... die Polizei
auf die richtige Fährte geführt (Sperrung im Original;
Verf.).' Man vergleiche hierzu, daß Hellwig in dem zitierten Artikel
in „Welt und Wissen* vom 12. April 1924 gegen Seeling1
Hagemann für seine eigene Ansicht als Kronzeugen anruft, daß er
„irgendeinen Beweis für Kriminaltelepathie nicht als erbracht
anzusehen vermöge*! Dagegen meint Hellwig im Bernburger
Falle, wenn mich ein vorliegender Brief zutreffend unterrichtet,
wiederum „die 20 positiven Versuche mit der Erklärung abtun" ,zu
können, „hier liege offenbar Telepathie oder Gedankenlesen
vor. Das Medium habe nur Gedanken übertragen oder in dem Unterbewußtsein
der Leute gelesen" (die ersteren beziehen sich auf eine
Briefstelle [vom l\. Nov. 1924] des im Bernburger Falle angeklagten
„Kriminaltelepalhen", die zweiten „" sind in diesem Briefe als Zitate
aus der Anklageschrift angegeben); in diesem Prozeß hat Hellwig vor
dem „Direktor der Heilanstalten" Dr. H e y s e, der offensichtlich bis
dato dem sog. okkulten Gebiete gänzlich fernstand, sein Sachverständigen
-Gutachten abgegeben. Die Folge dieses Gutachtens ist eben eine fast
fünfmonatige Untersuchungshaft (mit Amtssuspendierung und Gehaltsentziehung
) und die weitere, noch unerledigte Anklage gegen den aus
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