http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1924/0809
Sünner: In Sachen Hellwig
771
Das trifft auch aut den Aufsatz: „Okkultistische Logik" aus dem
ß. T. vom 18. Nov .zu, in dem er ebenfalls aus Schrenck-Notzings
Buch und dem „Grundriß der Parapsychologie" von Richet Einzel-
heiten herausgreift, um die geschilderten Phantome, gestützt auf seinen
Kronzeugen Meyer, als betrügerische Tricks des Mediums zu erklären
. Dieser Aufsatz wie der aus der Montagspost vom 17. Nov.
über: Selbstmord unter hypnotischem Einfluß? gehören wohl zu den
letzten marktschreierischen Erzeugnissen, des Herrn Landgerichtsdirektors
, die, wollte man bei einem Zeitungsausschnittbüro darauf
abonnieren, geeignet sind, allwöchentlich eine ungetrübte Heiterkeit
zu verschaffen.
Da wir gerade dabei sind, einen so über alle Maßen produktiven
Herrn wie Hellwig, der als „moderne Erinnye" masculini generis
fiugbereit nach jedem neuen Okkultismusforscher als guter Prise
wittert, für die Zeitgenossen in die richtige Beleuchtung zu rücken,
sei noch einer anderen Begebenheit Erwähnung getan, die sich ebenfalls
ganz kürzlich ereignete. Zu Beginn des Sommers sandte mir Herr Ver-
lagsdirektoi Bentlage aus Köslin einen sehr interessanten Bericht über
einen dortigen Hellseher, der zahlreiche Fälle von Diebstählen aufgeklärt
haben sollte. Ich war bereit, den Aufsatz eventuell für die
Ps. St. anzunehmen, und besprach den Inhalt an Hand der Fälle, die
in der Heimat des Verfassers bereits großes Aufsehen erregt hatten,
auch mündlich mit ihm, als er mich einige Zeit später bei seiner
Durchreise durch Berlin besuchte, ich wußte, welch großes Interesse
Hellwig gerade diesen kriminalistisch wichtigen Dingen entgegenbrachte
, und schickte in der besten Absicht eines trotz vorangegangener
Erfahrungen doch noch zu wagenden Versuches und mit
dem Einverständnis des Hern: Bentlage dessen Aufsatz zunächst an
Herrn Hellwig nach Potsdam, damit er davon Kenntnis nehme, und
sich eventuell zur weiteren gemeinschaftlichen Bearbeitung
der Angelegenheit mit Herrn Bentlage, entweder hier in Berlin bei
der Rückkehr von dessen Erholungsreise oder später in Köslin in
Verbindung setze. Herr Hellwig sandte mir dann am 15. August den
Bericht Bentlages mit dem Ausdruck des Dankes zurück, und ich nahm
an, daß die beiden Herren, da ein Abdruck wegen vorliegenden reichlichen
erst zu bearbeitenden Materials noch nicht in Frage käme, zumindest
korrespondierten oder sich sogar über den Fall mündlich
unterhalten hätten.
Zu meiner Verwunderung erhielt ich nun kürzlich ein Schreiben
des Herrn Bentlage, in welchem er seinen Aufsatz vom Anfang des
Sommer sofort zurückforderte. Ich nahm zunächst eine der üblichen
Entlarvungen an, bat daher um Aufklärung, und war nicht wenig
erstaunt, unter dem 6. Nov. folgendes Schreiben aus Köslin zu erhalten
, das ich mit Erlaubnis des Herrn B. hier wiedergeben möchte.
Sehr geehrter Herr Doktor! Vielen Dank für Ihr Schreiben am
5. Nov. 24. H e 11 w i g s Verhalten mir gegenüber ist derartig, daß
ich nicht verfehlen möchte, Ihnen meine Erlebnisse kurz zu schildern:
Als ich auf meiner Rückreise in Berlin war, versuchte ich, Herrn
Dr. Hellwig persönlich zu sprechen. Leider gelang mir dies nicht.
Nach meiner Rückkehr in Köslin bat ich ihn brieflich, er möchte mich
in Köslin aufsuchen. Gleichzeitig lud ich den Hellseher Hermann M.
zu mir ein. Wer nicht erschien, war Herr Dr. Hellwig. Ein Entschuldigungsschreiben
, wonach er nicht kommen könne, erreichte
mich an demselben Tage, an dem er hier eintreffen sollte. Kurz
darauf hörte ich, daß er sich an die hiesige Staatsanwaltschaft und
einige Gerichtsbehörden gewendet hat, bei denen der Hellseher gearbeitet
hat. Ferner wandte er sich an einige Privatpersonen mit der
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1924/0809