http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1925/0040
36 Psychische Studien. LH. Jahrgang. 1. Heft. (Januar 1925.)
heim zur Ausübung von allerlei boshaften Spaßen benutzte. Die Be-
spukung der Tante war gewiß ihr Werk. Wohl auch die drohenden Aufschriften
. Es ist sehr zu bedauern, daß damals niemand auf den Gedanken
kam, die Aufschriften auf Fensterläden und Küchenanrichte
mit der Schrift des Kindes zu vergleichen. Das Resultat wäre vielleicht
überraschend gewesen. Aber war alles Betrug und bewußter Schabernack
? Wie erklärt sich, wenn wir den Aussagen der Zeugen yolleau
Glauben schenken dürfen, daß Steine im Moment ihres Flugs unnatürliche
Kurven beschreiben, daß jene Zementplatte, wenn sie etwa von
dem im Nebenzimmer liegenden Mädchen (das doch den Wächtern
sichtbar blieb) geworfen wurde, senkrecht vor ihnen herabfiel?
Wenn das Kind die Zementplatte geworfen hatte, dann müßte vorausgesetzt
werden, daß sein Bett im Nebenzimmer so stand, daß von dort
aus der Wurf gelingen konnte. Ob es so stand, wissen wir nicht. Jedenfalls
mußte aber das Kind, um die doch nicht leichte Zementplatte
richtig zu schleudern, sich von seiner ruhenden Lage etwas erhoben
haben. Dem steht die Aussage der Zeugen gegenüber, daß es ruhig dalag.
Ferner durfte die Platte nicht sehr hoch geschleudert werden, weil sie
sonst nicht durch die Tür hindurch gekommen wäre, konnte dann aber
auch nicht senkrecht vor den Füßen der Wächter niederfallen.
Diesen fiel außerdem noch auf, daß die Platte so warm war. Man
kann sagen, die Wärme kam davon her, daß das Mädchen die Platte bei
sich im Bett versteckt hatte. Aber wie erklärt sich dann das senkrechte
Herabfallen der Platte? Oder war es ein echter Apport?
Dann wäre die Wärme der Platte ein typisches Phänomen, das pnan
bei Fällen echten Spuks oft beobachtete. Man vergleiche z. B. die Vorgänge
bei den spukhaften Erscheinungen auf dem Münchhof bei Graz
(Corres, Mystik, Bd. 3, S. 36o ff.), oder den spukhaften Steinwürfen
auf Java usw. Die Wächter wandten auch insofern Kritik an, als sie
sagten, ein Band hätte eine Winkelbewegung beschreiben müssen, um
vor ihre Füße zu kommen. Wie erklärt sich die nächtlich von ihnen gehörte
Musik, die immer näher zu kommen schien, aber plötzlich verstummte
? Wie das polternde Umhergehen; denn der noch lebende
Zeuge S. erklärte dem Pfarrer Dr. Ried, als sie das Bett samt dem Mädchen
herausgetragen hatten, war es eine Zeitlang, als ob jemand mit
kräftigen Schritten im Zimmer auf und ab gehe. Wie konnte ein betrügerischer
Trick des Mädchens das Bier samt Bierglas vor den Augen
der Frau verschwinden lassen, wie konnte es die Bettstelle, in der es
selbst mit der Haushälterin lag, in die Höhe erheben? Wie das Fleisch
aus dem Kochtopf springen lassen, während es oben krank zu Bett lag?
Wie konnte es unsichtbar eine Ohrfeige applizieren? Kurz, es ist eine
ganze Reihe von Phänomenen bezeugt, die unmöglich durch Tricks zu
bewerkstelligen waren, die aber in ihrem ganzen Charakter durchaus
an gleichartige ebenfalls gut bezeugte Spukereien erinnern, dieinder
Nähe einesmedial veranlagten Mädchens oder Knaben (Spuk
von Resau, von Küps in Ober franken, von Großerlach, von St. Peter
in Oberösterreich, von Dietersheim usw.) sich ereigneten. Daher geht
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1925/0040