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Reddingius: Zur Rehabilitierung des Uebernatürlichen. 79
Aufenthaltes in Elberfeld erlaubte mir Herr Krall, ohne seine Begleitung
seinen Pferdestall zu besuchen, wo ich hintereinander zwei
seiner Pferde durch die sich jedesmal wieder entfernenden Knechte
in die sehr übersichtliche Wagenremise führen ließ, so daß ich den
Tieren, ohne daß irgend jemand dabei anwesend war, beliebige Fragen
stellen konnte. Weil nur verhältnismäßig wenig Wissenschaftler die
Tiere gesehen haben, die wichtigste Literatur darüber nur in den sehr)
wenig bekannten Mitteilungen der Gesellschaft für Tierpsychologie zu
finden ist und die meisten Leser sich deshalb nur der (viel bequemeren)
Aussagen der die Echtheit leugnenden Obskuranten erinnern, erscheint
es notwendig, durch einige Zitate zu zeigen, um was es sich hierbei
handelte.
In der Neuen Rundschau (Juni 1914) berichtete Maeterlinck: „Nun
dachte ich mir eine andere, noch einfachere Probe aus, die aber just
durch ihre Einfachheit jeden allzu komplizierten Verdacht ausschloß.
Ich sah auf einem der Bretter des Stalles eine Anzahl von Kärtchen ungefähr
in Oktavformat; jedes trug auf einer Seite eine der arabischen
Ziffern 1 bis 10. Noch einmal bat ich den trefflichen Krall, dessen
Gefälligkeit unerschöpflich ist, mich mit seinem Schüler allein zu lassen.
Dann mischte ich die Kärtchen durcheinander und stellte drei, ohne sie
anzusehen, auf das Brett vor dem Pferde. In diesem Augenblick kannte
also keine menschliche Seele auf der Welt die Zahl, die dort zu Füßen
meines geheimnisvollen Gefährten stand, den ich schon nicht mehr als
Tier zu bezeichnen wage. Ohne Zögern und ohne sich bitten zu lassen
schlug das Pferd richtig die Zahl, die die Kärtchen darstellten. Bei Häns-
chen, Muhamed und Zarif gelang das Experiment, so oft ich es versuchte
. Muhamed leistete sogar mehr. Da jede Zahl von verschiedener
Farbe war, fragte ich ihn, ohne es selbst zu wissen, welche Farbe die
erste Zahl rechts hätte. Mit Hilfe des vereinbarten Alphabets antwortete
er mir, sie sei blau, und das traf auch völlig zu. . . Indes wurden die*
Experimente wenige Tage nach meiner Abreise von Dr. Haenel wieder
aufgenommen. Nachfolgend das Protokoll der Versuche. Mit Muhamed
allein (Krall war verreist), schreibt Dr. Haenel das Pluszeichen an die
schwarze Tafel, dann stellte er rechts und links davon, ohne sie anzusehen
, je ein Kärtchen mit einer Zahl, die er nicht kennt. Hierauf fordert
er Muhamed auf, beide Zahlen zu addieren. Muhamed ist anfangs
zerstreut und schlägt ein paarmal aufs Geratewohl mit dem Huf.
Dr. Haenel ruft ihn zur Ordnung und ersucht ihn um Ernst und Aufmerksamkeit
. Nun schlägt er deutlich fünfzehnmal. Der Doktor dreht
sich um und stellt fest, daß auf der Tafel 7 + 8 steht. Es folgen mehrere
andere Additionen zwei- und dreistelliger Zahlen, die alle richtig
sind. Nun setzt Dr. Haenel an Stelle des Pluszeichens das Multiplika-
tionszeichen, stellt wieder, ohne sie anzusehen, zwei Kärtchen daneben
und fordert das Pferd auf, beide Zahlen nicht mehr zu addieren, sondern
zu multiplizieren. Muhamed schlägt 27. Das stimmt, denn die
Tafel zeigt 9X3. Ebenso löst Muhamed andere Aufgaben: 9X2,
8x6. Nun nimmt der Doktor aus einem Kuvert eine Wurzelrechnung
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