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Reddingius: Zur Rehabilitierung des Uebernatürlichen.
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spiritistischen Sitzungen scheint dieser Kern aus dem Medium, in anderen
Fällen aus dem Geist eines sterbenden oder in Lebensgefahr befindlichen
Menschen, bei klopf sprechenden Tieren aus den Wünschen
und Gedanken der Experimentierenden zu bestehen, die sich als Tier-1
lehrer betrachten, aber tatsächlich als Geisterrufer oder -erzeuger bezeichnet
werden müssen.
Schon in vielen telepathischen und hellseherischen Vorfällen sind
solche selbständig gewordenen menschlichen Wünsche und Gedanken,
mehr noch als wir selbst, Nährkinder der Phantasie. Kraft dessen können
sie aufwachsen zu „Intelligenzen" und „Kontrollen"; vielleicht
auch zu Persönlichkeiten, mit welchen die bereits die Komplexe kennende
Psychiatrie sich befassen könnte.
Auch Geley sagt: „Pour moi, je considere comme probable l'action,
dans le med umnisme, d'entites intelligentes distinctes du medium . ..
Gas phenomenes eleves et complexes demontrent, souvent, une direction.
une intention qu'on ne peut, sans induction arbitraire, rapporter au
medium ou aux experimenteurs."
Mit allem Respekt für die Radioleistungen, kann ich die dem
Anschein nach bisweilen in Australien entstehenden und ungefähr zur
selben Zeit in England sich manifestierenden Geister nicht als Naturprodukte
auffassen, weil dem Menschen nun einmal Organe und Nervenbündel
, welche für das Aussenden und für das Empfangen der Mitteilungen
gebraucht werden könnten, fehlen. Wer aber so etwas öffentlich
gesteht, wird von der offiziellen Naturwissenschaft und Philosophie
mit Krieg ohne Quartier überzogen; ist es da so einem Totschwei-
genskandi taten zu verübeln, wenn er, wie ich es im obenstehenden getan
zu haben scheine, einen Präventivskandal macht?
Auch der offiziellen Psychologie liegt eine durchaus naturalistische
Anschauung zugrunde, weil im letzten Jahrhundert die am meisten die
Psychologie beeinflussenden Aerzte glauben, daß denken nur in Gehirnen
möglich ist, und daß die Ursache jedes Gedankens eine vorhergehende
physikalische Veränderung sein muß. Sie haben in Physik und
Chemie eine Prüfung bestehen müssen, bevor sie Biologie und Psychologie
studierten, und ihre Lehrer haben sie nicht darauf aufmerksam
geriskandidaten zu verübeln, wenn er, wie ich es im obenstehenden ge-
den verhalten könnten.
Was die Geschehnisse in der nichtlebenden Natur betrifft, scheint
die naturalistische Auffassung zu Recht zu bestehen. Die Biologie aber
hat damit schon die größten Schwierigkeiten, weil diese Auffassung ihr
unmöglich macht, sowohl die Spontaneität des Lebensprinzips als auch
die sich so regelmäßig zeigende Zweckmäßigkeit in den Lebenserscheinungen
anzuerkennen bzw. zu begreifen. Zu welch hilflosen Erklärungsversuchen
diese Auffassung zu greifen genötigt ist, zeigen die
JCvotutionstheorien. Wer nur etwas tiefer eindringt, muß erkennen,
daß das Entstehen einer neuen Art oder eines neuen Organs nicht denkbar
ist, wenn man nicht eine Intelligenz voraussetzt, die dies Entstehen
unter Anwendung von Phantasie, Urteil und Auswahl verursacht bzw.
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